LoCarlo berichtet über Ecki ein Lüneburger Gesicht das jeder kennt
von Winfried Machel am 11.06.2022Lüneburger Gesichter (27)
In einer lockeren Reihe stelle ich unbekannte Bekannte vor
Eine Liebe, ein Leben lang
Karl-Eckhard Gieseking feiert seinen 80. Geburtstag. Ein Wanderer und Chronist mit der Kamera über Jahrzehnte. Zeit ihm zu gratulieren
An seine erste Leiche erinnert sich Karl-Eckhard Gieseking genau: „Das war in einem Abbruchhaus in Winsen. Ein Toter lag im Treppenhaus. Erst war nicht klar, ob der Mann umgebracht worden war." Doch später stellte sich heraus: Es war ein Obdachloser, der unglücklich gestürzt war. Beim Anblick des Toten sei ihm damals nicht mulmig geworden. Das kam erst später, als er den Mann im Leichenschauhaus nochmal fotografieren mußte: „Ich sah die schmutzigen Füße, da wurde mir schlecht."
Gieseking hat einiges in seinem Leben gemacht, zwei Jahrzehnte arbeitete er als Fotograf bei der Polizei. Ein Ausgleich war immer das Fotografieren des Schönen -- seine Liebe heißt Lüneburg. Abertausende Male auf Film gebannt. Er kennt seine Stadt, seine Stadt kennt ihn. Heute ist es Zeit zu gratulieren: Ecki feiert seinen 80. Geburtstag.
Sein kleines Wohnzimmer an der Heiligengeiststraße, gegenüber seiner alten Schule, wirkt wie eine Außenstelle des Brauereimuseums: In Vitrinen reihen sich Bierkrüge, Gläser, Bilder, ein Geschirr -- als dreht sich um die 1485 gegründete und vor gut 20 Jahren endgültig aus Lüneburg verschwundene Kronen-Brauerei. Gieseking sammelt, was mit der Stadt zu tun hat. Und heftet es ab. Sein eigenes Leben umfasst nicht nur einen Ordner, der Shanty Chor, in dem er seit 1979 mitmacht, bringt es auf 16 dicke Aktendeckel, Lüneburger Fotografen seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf 45 Bände.
Es geht gar nicht anders, Ecki und HaJo Boldt, ein anderer leidenschaftlicher Sammler und Fotograf, sind seit Jahrzehnten Freunde. Natürlich im einem Club mit anderen Fotofans namens Photographica miteinander verbunden. Der Stammtisch, der sich immer noch regelmäßig trifft, besteht seit 1984. Im Arbeitskreis Lüneburger Altstadt engagiert sich der Jubilar seit 1974, seit Beginn: "Mein Mitgliedsausweis trägt Nummer 8."
Der Krieg prägte die Familie. Die kam aus Kiel an die Ilmenau, Ecki geboren 1942, lernte seinen Vater nie kennen: "Er fiel vier Monate vor meiner Geburt in Russland." DIe Mutter zog fünf Kinder groß. Der Sohn hatte früh mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, er lebte der salzigen Luft wegen und um zu Kräften zu kommen ein Jahr auf Langeoog: "Wir Schulfreunde treffen uns noch immer." Später eine Lehre als Fotograf, Jobs auf einer Werft und in Betrieben in Hamburg, später eine Firma in Stelle. Als Fahrer musste er in die längst geschlossen Filmstudios nach Bendesdorf ansteuern, aber auch Studio Hamburg zählte zu den Kunden. Ecki, immer neugierig, blickte Regisseuren und Stars über die Schulter. Das Glück ist ihm anzusehen, wenn er erzählt.
Schließlich, 1969, eine Stelle bei der Polizei. Fotos an Tatorten. Spuren sichern. 1989 der spektakulärste Fall: die Göhrde-Morde. Zwei Paare tot in den Wäldern gefunden: "Ich habe bei der Obduktion fotografiert." Kurz darauf musste Giesking aufhören, der Rücken. Rente. Aber kein Ruhestand. Er machte weiter mit seinen Ehrenämtern und Nebenjobs: Fotos für die LZ, Kürzel k.e.g., und das Werbeheft Monatsspiegel. Fotos, Fotos, Fotos. Wie viele — weiß er nicht.
Er gehört zum Bild der Stadt. Ein schmaler, hagerer Mann, der gern mal auf ein Getränk Station in der Krone macht auf seinen ewigen Spaziergängen. Immer freundlich, immer ein Schnack, immer ein guter Moment, wenn man ihn trifft.
Die Kamera bleibt inzwischen zu Hause, die Hände wollen nicht mehr so. "Aber ich habe ja HaJo, der macht das für mich", sagt Ecki mit einem Lächeln. Freunde für ein Leben. Selbstverständlich hat HaJo auch ein Geburtstagsbild geschossen. Ecki und der Rosenverkäufer Herr Khan. Mehr Lüneburg geht nicht, Geschichte und eine gute neue Tradition.
Die Feier fällt, Gieseking möchte es so, klein aus. Kaffee und Kuchen mit seiner Nichte. Frau und Kinder besitzt er nicht. Das sei ganz ok: "Dafür war keine Zeit. Ich hatte immer zu tun, es gab immer etwas zu fotografieren." Lüneburg, seine Liebe. Ecki, alles Gute. Carlo Eggeling
Fotos: Boldt, ca
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