Lüneburg, am Montag den 18.08.2025

LoCarlo und der Scheiterhaufen im Wald

von Winfried Machel am 13.06.2022


Ein Funke genügt für eine Feuerwalze. Die Feuerwehren stehen vor Herausforderungen. Aber nicht nur die. Ein Ortstermin mit einem Fachmann in Vögelsen

Michael Herrmann zeigt auf Scheiterhaufen. Mitten im Wald. Es braucht nicht viel, dann könnten die Scheiterhaufen lodern. Vögelsens erste Häuser stehen nicht weit weg. Das Idyll rundum die Landwehr zwischen Bardowick, Ochtmissen und Vögelsen hat auch eine andere Seite -- eine nicht ganz ungefährliche. Neulich hat Herrmann darauf mit einem Beitrag bei Facebook aufmerksam gemacht. Herrmann engagiert sich in der Ortswehr, aber darüber hinaus seit einem Vierteljahrhundert international in der Waldbrandbekämpfung und als Ausbilder. Gerade ist er aus Polen zurück.

Grund genug für einen Ortstermin. Am Butterberg am Ortsrand sieht der Wald aus wie an vielen Stellen: Die Stürme der vergangenen Jahre haben Kiefern und Co umgeknickt, entwurzelt, zerbrochen. Sie liegen neben Geäst und Gestrüpp am Boden auf raschelndem knisterndem Laub. Der Boden darunter: ebenfalls trocken. Wer nach oben blickt, erkennt, dass es in der Höhe auch schlecht aussieht: Viele der Kronen der eng stehenden Bäume wirken ebenfalls brüchig.

Herrmann kennt die Argumente, dass der Wald sich auf natürliche Weise regenerieren müsse. Der Mix heißt unter Forstleuten Totholz und ist die Grundlage für neues Leben. "Es wäre falsch, alles rauszuholen, aber die Menge macht's", sagt der 50-Jährige. Gerade an Ortsrändern. "Wenn wir die 'richtige Mischung' haben, kann es schnell gehen: Ostwind, Böen, 30 Grad, Luftfeuchtigkeit 30 Prozent. Hier zu löschen wäre lebensgefährlich. Mit dem Schlauch käme man kaum durch, von oben würden Ästen herunterfallen. Die Konsequenz wäre, alles abbrennen zu lassen und Vögelsens Ortsrand zu schützen." Seine Empfehlung: Einen Teil der Bäume rausnehmen, das würde die anderen auch kräftigen -- und die Gefahr reduzieren.

Herrmann erinnert an Brandkatastrophen wie vor vier Jahren in Brandenburg, wo bei Potsdam Hunderte Hektar brannten oder auch 2019 auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Lübtheen nahe Neuhaus an der Elbe, hier waren mehr als 900 Hektar Fläche betroffen. Dort habe man erlebt, wie schnell das Feuer laufe. "Leute hatten eine halbe Stunde Zeit, ihre Häuser zu verlassen", sagt Herrmann. Denn nicht nur die Flammen sind gefährlich, der Funkenflug mache den Brand schnell. "Häuser sind massiv gebaut, haben harte Dächer, aber offene Fenster oder Dachrinnen, in denen Blätter und Tannennadeln liegen, sind Gefahrenpunkte."

Die Verhältnisse im Wald seien unter anderem eine Folge des Klimawandels. Es gehe auch darum, zu überlegen, welche Bäume künftig in den Wälder wachsen sollten. Kiefern und Birken seinen beispielsweise Pionierpflanzen, aber eben auch feuerempfindlich. Es müsse auch darum gehen, Feuer anders zu bekämpfen, etwa mit Feuer: "In Portugal beispielsweise geht es um kontrolliertes Abbrennen. Feuer sind nicht unnatürlich, die gehören dazu." Kleinere Feuer am Boden würden quasi aufräumen, der "Kleinkram" verschwinde und damit die Brandlast: "Die Kiefer wird mit solchen Bodenfeuern gut fertig."Das allein wird aber nicht reichen, um angesichts der enormen Brennstoffmengen in unmittelbarer Nähe des Ortes erfolgreich zu agieren. Ohne Prävention, sprich ohne ein Brennstoffmanagement, ist die Grenze des Beherrschbaren schnell erreicht. Simple Physik. Oder anders ausgedrückt: Selbst die weltbeste Feuerwehr kann nur erfolgreich sein, wenn man ihr die Chancen dazu lässt. So wie wir aus diesem Grunde Brandschutz an Gebäuden betreiben, müssen wir es auch im Wald tun, gerade wenn dieser unmittelbar an Wohngebiete grenzt."

Die Verhältnisse im Wald seien unter anderem eine Folge des Klimawandels. Es gehe auch darum, zu überlegen, welche Bäume künftig in den Wälder wachsen sollten. Kiefern und Birken seinen beispielsweise Pionierpflanzen, aber eben auch feuerempfindlich. Es müsse auch darumgehen, Feuer anders zu bekämpfen, etwa mit Feuer: "In Portugal beispielsweise geht es um kontrolliertes Abbrennen. Feuer sind nicht unnatürlich, die gehören dazu." Kleinere Feuer am Boden würden quasi aufräumen, der "Kleinkram" verschwinde und damit die Brandlast: "Die Kiefer wird mit solchen Bodenfeuern gut fertig."

Kreisbrandmeister Torsten Hensel sagt: "Das Thema ist allgegenwärtig. Wir haben Schulungen dazu gemacht. Michael Herrmann ist im Waldbrand-Team dabei." Aber es gebe keine Ausbildungsrichtlinie zum Waldbrand. Doch die Feuerwehr habe beratende Funktion. Die Eigentümer der Wälder, Privatleute, aber auch Stiftungen, Kloster- und Landwirtschaftskammer, Land und Kommunen werden durch Waldbrandbeauftragte vertreten, mit denen sei man im Gespräch.

Gleichwohl benennt Hensel einige Punkte: "Da werden Wege mit Sandbarrieren versperrt, damit keiner durch den Wald fährt -- aber wir kommen auch nicht durch. An dem Thema sind wir seit Jahren dran." Beim Gerät gebe es Herausforderungen. Dass sich eine Feuerwehr wie gerade Südergellersen für 400 000 Euro einen Unimog kaufe, der von Fahrwerk und Gewicht gut im Wald unterwegs ist, sei die Ausnahme. Ein 18-Tonnen-Tanker habe auf lockerem Boden seine Probleme. Die Wehren denken beim Kauf ihrer Fahrzeuge an viele Punkte, die ein Multitalent auf Rädern erledigen solle. Das macht es schwer. Im Wortsinne.

Vögelsen sei überall: "Die Leute bauen wie etwa in Neetze eng an den Wald heran, weil das idyllisch ist. Wenn wir sagen, das geht nicht, will das keiner hören. Eigentlich brauchen wir 25 bis 30 Meter breite Schutzstreifen zu den Häusern." Das sei nicht alles. Wer sein Haus dämme, gern mit Styropor, der "hat Erdöl an der Wand". Die Folgen sind schnell vorstellbar.

In einigen Kreisen herrschen bereits wieder hohe Waldbrandwarnstufen, trotz ein paar Schauern. Die Gefahr ist als so da. Was bleibt? Da sind sich Herrmann und Hensel einig: Immer wieder darauf aufmerksam machen und handeln. Carlo Eggeling

Das Foto zeigt Michael Herrmann im Wald bei Vögelsen. Foto: ca

© Fotos: Carlo Eggeling


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