Lüneburg, am Montag den 18.08.2025

LoCarlos Woche

von Winfried Machel am 20.08.2022


Meine Woche
Alles ist gut

Die Zeiten sind rauh, da ist es gut, wenn in Lüneburg große Einigkeit herrscht. Immer dieser Streit. Wer will das schon, angesichts einer drohenden Hunger- und Gas-Krise im Herbst, wenn das nicht zu tief gegriffen ist. Die Nachrichten sind voll davon, jeder und alle müssen abgefedert werden, damit es nicht zum Äußersten kommt. Demokratie scheint selbst nach fast acht Jahrzehnten Bundesrepublik eine sehr wackelige Angelegenheit. Höhere Kosten fürs Heizen -- statt bürgerlich wählt das Volk dann die Unsympathen, die das untergegangene Nazi-Reich nicht so schlimm finden.

Aber das ist große Politik. Lokal federt dankenswerterweise die Oberbürgermeisterin am nächsten Sonnabend die drohende Katastrophe in der Leuphana bei einer Besprechung mit rund 100 Teilnehmern ab. Lösungen für Lüneburg. Mal sehen, wer dann warme Decken bekommt, wo überall die Lichter ausgehen, wer Wärmehallen und Suppenküchen betreibt. Völlig richtig, den Sommer abzuwarten und sich punktgenau genau dem Thema mit der zu erwartenden Heizperiode zu stellen.

Aber zum eigentlichen Punkt. Markus Moßmann soll 1. Stadtrat werden. Man sieht ihn auf vielen Fotos gemeinsam mit Claudia Kalisch radeln, sie manchmal auf dem Stadtrad. Sehr klug von ihr, so wirbt sie für das Leihsystem. Sehr vertrauensvoll sei die Zusammenarbeit, sagt die Oberbürgermeisterin, da wolle sie den Dezernenten für Umwelt, Recht und Mobilität gern zu ihrem Stellvertreter an der Verwaltungsspitze machen.

Als Moßmann im Mai 2017 auf Vorschlag von Kalischs Vorgänger als Dezernent wiedergewählt wurde, hatte Ulrich Mädge ordentlich kämpfen müssen, um eine Mehrheit für Moßmann zu organisieren. Damals besaß die Jamaika-Gruppe von CDU, Grünen und FDP eine Mehrheit im Rat. Man hat gestritten und Politik betrieben. Gerade die Grünen hatten Zweifel am Juristen Moßmann und dessen Kurs. In einigen Gesprächen -- und wohl mit Zugeständnissen -- gelang es dem alten OB, Schwarze auf die rötliche Seite zu ziehen, Ergebnis der geheimen Wahl: 25 von 41 Ratsmitgliedern stimmten mit Ja, dem gegenüber standen 14 Nein-Stimmen, eine Enthaltung und eine ungültige Stimme.

So galt Moßmann als "Mädges Mann". Er und Mädge standen für eine Verkehrs- und Umweltpolitik, die die Grünen als zu wenig ambitioniert hielten. Vor gut einem Jahr, zu Zeiten des Wahlkampfes, war es in der Lokalpolitik ein offenes Geheimnis, dass bei einem grünen Wahlsieg eine neues Dezernat denkbar sei, eins für Mobilität und Nachhaltigkeit. Es machte sich jemand Hoffnungen, der nun für den Landkreis arbeitet. Moßmanns Reich wäre geschrumpft.

Alles vorbei. Da sieht man, wie Slogans wirken, es dreht sich was. Alle finden Moßmann nun gut. Als Kalischs Mann. Nur am Rand: Es geht nicht um irgendeinen Sachbearbeiter, es geht um ein politisches Amt.

Dass nun SPD, CDU und FDP ähnlich komfortabel wie einst Jamaika im Rat eine Mehrheit auskosten und tatsächlich Opposition betreiben könnten, haben die drei offenbar vergessen. AfD und die stumme Linke spielen eh keine Rolle. Wozu in diesem warmen Sommer eine Debatte? Es ist heiß genug. Die Aufgabe aller Parteien ist es selbstverständlich, der Verwaltung zuzuarbeiten und nicht sie zu hinterfragen. Dass die Grünen den Job inzwischen so leben, ist verständlich. Denn die einst nimmermüden Grünen, die den alten OB nervten, etwa Wolf von Nordheim mit ewig biestigen Anfragen, stellen die OBin. Nun in Treue fest.

An der Spitze der CDU steht eine Frau, die als Spitzenkraft für die Verwaltung arbeitet und sich generell gern vor sie stellt. Für die SPD-Führung geht es gerade um den Landtagswahlkampf, in ihren Reihen dreht sich mancher vor allem um sich selbst. Eine große Stimme der Kultur scheint verstummt. Die FDP kommt mit langen Analysen, aber persönlich schätzt man sich doch sehr. Bitte recht freundlich. Und irgendwie läuft es doch.

Strategie, warum? Die Stelle der Kämmerin muss neu besetzt werden, da Gabriele Lukoschek zum Jahreswechsel geht. Das Sozial-, Bildungs-, Sport- und Kulturressort dümpelt weiter führungslos vor sich hin, weil die Spitze fehlt und sich noch niemand Passendes gefunden hat. Mutig könnte man eine der Positionen mit der Stelle 1. Stadtrat koppeln. Die Verwaltungsspitze könnte neu zugeschnitten und auf die anstehenden Fragen Klimawandel, Mobilität, Wirtschaft, Handel und die sich daraus ergebenden Fragen für das Zusammenleben der Bürger ausgerichtet werden. Aber die Opposition dreht sich noch einmal um auf den gemütlichen Kissen, findet alles ganz kommod und gesellig.

Man darf natürlich nicht vergessen, eine Stadt zu regieren, ist ganz schön anstrengend. Gut, dass die Politiker daran denken und nicht immer so miesepeterig sind, wie beim Vorgänger. Also, es dreht sich was mit einem munteren Weiter so.

In diesem Sinne ein entspanntes und zugewandtes Wochenende. Carlo Eggeling

© Fotos: Carlo Eggeling


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