Lüneburg, am Mittwoch den 30.04.2025

Lüneburg auf dem 44. Internationalen Hansetag in Danzig

von Hajo Boldt am 19.06.2024


„Der Wandel beginnt hier“

war das Motto und zugleich auch der Slogan, der in die Tat umgesetzt werden sollte, fasste Aleksandra Dulkiewicz als Gastgeberin und Bürgermeisterin von Danzig zusammen. „Damit gingen vier Tage intensiver hanseatischer Beratungen zu Ende. Während des Kongresses der Jungen Hanse wurden besonders intensive Diskussionen geführt, für die ich Ihnen von ganzem Herzen danke, denn Sie sind unsere Hoffnung. Nächstes Jahr werden wir nach Visby umziehen und ich weiß, dass wir weiterhin friedliche Beziehungen zwischen Städten in Europa aufbauen werden", verabschiedete sich Präsidentin Dulkiewicz.

Lüneburger waren dabei, als vier Tage lang Vertreter von 87 Hansestädten diskutierten und Erfahrungen austauschten , sich vergnügten aber auch auf der Hansemesse und der Designmesse Bakalie x Hanza umsahen und Jazz auf der Musikbühne hörten.

Jan Lindenau, Präsident der Internationalen Vereinigung der Neuen Hansestädte und Bürgermeister von Lübeck, erinnerte in Gdańsk an die gemeinsamen Werte der Hanse: „Wir sind hier zusammen-gekommen, um ein starkes Zeichen zu setzen gegen den Krieg und für ein demokratisches, friedvolles und offenes Europa. Die Hanse lebt. Die ganze Vielfalt des Hanse-Bundes, der Hanse-Markt zeigt, was die Städte an Vielfalt im europäischen Kontext präsentieren. Nicht nur Waren- und Dienstleistungen, sondern auch die touristischen Aktivitäten. Und wir merken ganz klar, dass der Zuspruch groß ist. Die Menschen wollen einfach, dass wir uns in Europa miteinander gut auseinandersetzen, dass wir uns begegnen und der Hanse Tag ist dafür eine gute Plattform nicht nur hier im Folklore-Sinn, sondern auch darüber hinaus in den Arbeitsgruppen. Wir haben viele Arbeitskreise, die zu unterschiedlichen Themen arbeiten, zur Wirtschaft, zu den Stadtarchiven, zur Geschichte, aber auch zur Kultur. Auf der Delegierten-Versammlung hat man gemerkt, wie viel Engagement auch dahinter steckt, wie viel Menschen sich engagieren und miteinander in den Städten fast vergleichbare Themen haben. Obwohl wir manchmal weit auseinander liegen, stellen wir fest, dass die eigentlichen Themen lokal doch vergleichbar sind in den Hansestädten und das vereint uns auch, weil wir miteinander Lösungen erarbeiten können. Deswegen ist der Hanse-Tag etwas, dass wir die europäische Verständigung weiter voranbringen und damit an dieser Stelle auch dazu beitragen, dass Frieden in Europa weiterhin Bestand hat. Wir haben große Herausforderungen mit der Ukraine, aber unsere Kontakte auch zu Russland, zu den Menschen, die mit uns immer in demokratischen Regeln zusammen gearbeitet haben, haben wir deswegen auch nicht abschneiden lassen. Sondern wir haben gesagt, wir ruhen in der Aktivität. Aber wenn sich die Lage beruhigt, wollen wir auch weiter zusammenarbeiten und das ist ein Punkt, der glaube ich, wieder wichtig ist, damit wir eine Perspektive aufzeigen, das Europa demokratisch und eben auch vielfältig miteinander agieren kann. Und das zeigt dieser Hanse Tag. Ich gehe auch selber etwas beschwingt nach Hause, denn es besteht Hoffnung miteinander viel auf den Weg bringen zu können. Deswegen lohnt sich so ein Hanse Tag. Über 80 Städte sind diesmal hier und beteiligen sich am Hanse-Markt mit über 100 Städten mit Delegierten und das zeigt, wir wollen etwas miteinander erreichen. Deswegen ist der Hanse Tag auch ein Erfolgsmodell für die nächsten Jahre.“

Hiltrud Lotze war als ehrenamtliche Bürgermeisterin von Lüneburg zum zweiten Mal dabei und unterstützte mit repräsentativen Aufgaben. „Danzig ist eine super schöne Stadt. Die Menschen sind sehr gastfreundlich. Was mich am meisten bewegt und weswegen ich es gut finde, dass wir dabei sind, ist einfach: das Treffen der hanseatischen Städte. Letztendlich ist es ein Treffen von hanseatischen Freunden. Wenn wir hier zusammen kommen, ist es auch eines der wichtigsten Themen, sich immer wieder zu bestätigen, wie wichtig es ist, in diesen großen, freiwilligen Städtebund zusammen zu arbeiten und über die Verständigung etwas tatsächlich für den Frieden zu tun innerhalb der Hanse und damit auch in Europa. Und es ist ein wunderbares Treffen. Ich habe Menschen getroffen, die ich im letzten Jahr kennen gelernt habe und es macht Spaß, sie wieder zu sehen. Es ist einfach toll, es ist ein super schönes Fest, das ich genieße und wir freuen uns alle schon auf Visby im nächsten Jahr.
Lüneburgs Dezernent für Bildung, Jugend, Soziales und Kultur Florian Forster wurde noch deutlicher: „…wie so oft bei den Hanse-Tagen trifft man sehr viele internationale Kontakte und nimmt auch Ideen mit nach Hause. Change begins here, ist das Motto des diesjährigen Hanse-Tages und man spürt langsam die Veränderung. Allerdings spürt man auch politische Aspekte. Zum Beispiel haben wir bei der Delegierten-Versammlung über den möglichen Ausschluss von Riga diskutiert, wobei die Hansestadt Riga sehr deutlich gemacht hat, dass sie ihre Mitgliedschaft ruhen lassen möchte, solange russische Städte in der Hanse sind. Also abseits von Tourismus wird der Gedanke der friedlichen Hanse sehr hoch gehalten und wurde auch diskutiert dieses Jahr. Neu bei der Hanse war der Bürgermeister-Treff bzw. der Treff von Beigeordneten/Stadtverordneten und Entscheidungsträgern. Civil Engagement, Ehrenamtsstärkung oder auch Migration und demographischer Wandel wurden intensiv diskutiert und haben letztendlich zu einer Abschluss-Resolution geführt. Ich persönlich habe mich mit demographisch Shift, demographischen Wandel bzw. Migration auch mit eingebracht und wir haben hier uns als Bürgermeister, als Beigeordnete darauf verständigt, dass es wichtig ist, das Narrativ bei der Migration zu verändern, wichtig ist hervorzuheben. Es ist im Rahmen des demographischen Wandels möglich, die Chance zu haben, als Gesellschaft Immigranten, Immigration, Geflüchtete viel schneller in unsere Gesellschaft zu integrieren, wobei wir hier in Deutschland natürlich erlebt haben, dass es sehr oft als Gefahr wahrgenommen wird. Und das ist ein wichtiger Punkt. Und davon lebt diese Städte-Partnerschaft hier auch letztendlich und deswegen ist es sehr viel wert, hierher zu fahren. Und lassen Sie es mich mit einem Satz zusammenfassen, wen man kennt, gegen den führt man eigentlich keinen Krieg und das ist der Gedanke, der bei dieser Hanse lebt.
Bei der Delegierten-Versammlung gab es die Diskussion, ob Riga möglicherweise ausgeschlossen wird. Die Freie Hansestadt Bremen und die Hansestadt Lüneburg haben sich explizit dagegen aus-gesprochen, sich hier mit Riga auch zu solidarisieren. Weil der Grund, ich möchte, so lange ein Angriffskrieg geführt wird gegen meine Nachbarn -und ich bin Nachbar von Russland- die Sorge war bei unserem Besuch in Tartu deutlich geworden, das Estland, Lettland und Litauen wirklich Angst vor einem Angriff haben und waren valide Argumente. Deshalb haben Lüneburg und die Freie Hansestadt Bremen sich mit Riga solidarisiert und haben gegen einen möglichen Ausschluss gestimmt.
Und nächstes Jahr geht es nach Visby/Schweden. Bevor wir im Jahr 2026 nach Stargard wieder in Polen gehen und mit Braunschweig dann auch wieder einen Hanse-Tag in Deutschland haben.“

Annette Beer-Kullin, zuständig für den Fachbereich Kultur bei der Hansestadt Lüneburg sagte, dass Lüneburg mit einer Gruppe von 25 Personen beim Hansetag stark vertreten war. „Sie haben mit ganz vielen Hanse-Freunden, mit der großen Hanse-Familie in Danzig gefeiert. Wie immer ist das ein ganz tolles Erlebnis für alle, denn man trifft sich einmal im Jahr wieder. Man erarbeitet neue Ideen. Man kommt mit vielen Inspirationen nach Hause man bleibt in Kontakt. Das ganze Jahr über ist das das Ziel und das es nicht nur eine Veranstaltung wird, bei der man sich einmal im Jahr trifft und dann erst wieder zum nächsten Hanse Tag. Sondern wir sind sehr bemüht, in Verbindung zu bleiben, Projekte zu erarbeiten, wirtschaftliche Beziehungen wieder einzugehen. Die alte Hanse aus dem Mittelalter wieder ins Leben zu rufen, daran zu arbeiten und wir freuen uns, wenn wir mit den Kulturgruppen in den Hansestädten sind. Das war in diesem Jahr eine Gruppe von zehn Personen, die uns begleitet hat und die unserer Erscheinungsbild in Danzig auf eine ganz tolle Art und Weise ergänzt hat. Hanse-Tag bedeutet, Jung und Alt miteinander ins Gespräch zu bringen. Wir freuen uns sehr, dass unsere Jugendhanse mit mit zwei Jugend-Hanse-Vertretern dieses Jahr mit dabei ist. Unser Ziel ist es, dass auch bei der Jugend Hanse-Austausch stattfindet, national und international und zwei Mitglieder der Hanse-Gilde vertreten sind. Schon bestehende engere Verbindungen mit der Metropol-Stadt Hamburg sollen weiter ausgebaut werden.“

Frank Soldan, Vorsitzender im Stadtverband Lüneburg, Mitglied im Rat der Stadt, sah auch einen unglaublichen Zuspruch beim Glücksrad am Stand „Lüneburg“. Es war schön. Alle strahlten und freuten sich, und es waren mehr Leute da, als wir uns vorgestellt hatten. Abgesehen, das Danzig eine wunderbare Stadt und immer eine Reise wert ist, war wirklich für uns das tolle Erlebnis die Freundlichkeit der Leute, wie schön sie reagierten, wie ausgelassen die Stimmung war, sich freuten, sich fotografierten, sich filmten. Die Kinder hatten etwas besonderes, sie lachten.“
Nach der Eröffnungs-Parade und -Zeremonie wurde vom Veranstalter ein Jazz Abend in „mutiger“ musikalischer Form durchgeführt. Viele Deutsche waren am zweiten Hanse Tag mit einem Kreuzfahrtschiff gekommen, dass einen Tag vor Anker lag.
Danny Kolbe vom Lüneburger Stadtarchiv knüpfte neue Kontakte, kam mit vielen Leuten ins Gespräch und „bewachte“ ein Kunstobjekt der Salzau Parade aus dem Jahr 2000. Das wurde von Kindern sehr geliebt und gern angefasst und wollte gerne auf dem Lüneburger Stand bestiegen werden. Und dafür posierten auch zwei große Herren aus Visby, der ausrichtenden Hansestadt des Hanse Tages im nächsten Jahr in Schweden. Neben Ansichtskarten und Keksen aus Lüneburg, einem Urlaubsmagazin und vielen Werbeprospekten gab es auch solche mit dem Slogan: „Schön, dich zu sehen!“ in der Metropol Region Hamburg.

Christel, John, ebenfalls als ehrenamtliche Bürgermeisterin und mit in Danzig dabei, sprach von einer wirklich großartigen Stadt, von der sie hell auf begeistert ist und ihren und deren Besuch sie sehr gerne sieht und weiter empfiehlt. Christel John berichtet von dem Treffen der Bürgermeister, das sehr gut vorbereitet war. Sie hatten fünf verschiedene Diskussionstische, an denen diskutiert wurde über Zukunft und Probleme der Hanse. Sie hatte das große Glück am Tisch mit Herrn Lindenau zu sitzen und wir haben wirklich um jedes Wort gefeilt, was wir der Jugend der Hanse anbieten können. Wie können wir die Zukunft sehen? Welche Möglichkeiten haben die jungen Leute und das war für uns ein ganz wichtiger Punkt. Es hat einen Riesenspaß gemacht und jetzt bin ich hier am Stand, damit die jungen Leute nicht alleine sind. Und sie will sich hier ein bisschen einbringen. Auch Hinnerk als standhafter Matrose steht vor einem Doppeldecker des Hamburg-Standes. Auch Lüneburgs Ex-Oberbürgermeister, Ulrich Mädge ist zum ersten Mal in Danzig und nimmt unter anderem an der Eröffnung der farbenfrohen Parade teil. Gerne erinnert er sich noch an „seinen“ Hanse Tag im Jahre 2012 in Lüneburg, gefolgt vom ehemaligen Bürgermeister Bernd Saxe vor zehn Jahren mit Lübeck auf Kurs „Immer Wiedersehen!“.

Unterhalb des Danziger Shakespeare-Theaters marschierten die Soldaten der Danziger Garnison, dicht gefolgt von zwei der acht Danziger Allegorien - Freiheit und Ruhm und Neptun. Das Tempo der Parade, die von Piraten, Wassernymphen, Meerjungfrauen und Seepferdchen und Hansekoggen verschönert wurde, bestimmten Danziger Trommler. Auch Figuren, die man aus den Straßen der alten Hansestadt Danzig kennt, waren zu sehen - reiche Bürger, Händler und Handwerker. Das Theater des Danziger Kulturarchipels war für die künstlerische Gestaltung der Aufführung verantwortlich.
Ihnen folgten die Delegationen aus 87 Städten. Sie hatten die Gelegenheit, die regionalen Trachten, Fahnen oder auch musikalischen Traditionen ihrer Städte zu präsentieren.
Klaus Reichert war jetzt fünf Tage lang „ehrenamtlich“ beim Deutschen Salzmuseum ausgeliehen. Als Salzsieder schob er mit seinem Raker Salz an den Pfannenrand und war voller Tatendrang, dem nach Danzig mitgebrachten „weißen Gold“ mittels Holzofen vollends seine Feuchtigkeit zu entziehen. Unterstützt wurde er des öfteren von einer jungen Dolmetscherin, die auch schon in Torun im vergangenen Jahr mit von der Partie war und das Salzsieden auf polnisch erklärte.

Einer der Höhepunkte war auch die Enthüllung einer Gedenktafel auf der Granary Island mit einem neuen Namen - dem „Hansa-Kai“, unweit des bekannten Krantores.
Die Begrüßung der Glocken, am Sonntag ein weiterer Höhepunkt des Hansetages, ist immer noch eine lebendige Geschichte über den Wiederaufbau Danzigs, über die Zusammenarbeit und die Mitgestaltung eines neuen Europas durch die lokalen Gemeinischaften und eine Ermahnung zu Versöhnung und Frieden durch Gebet und Aktion.
Die Rückkehr der historischen Glocken nach über 80 Jahren nach Danzig ist eine einzigartige Geste der ökumenischen Versöhnung zwischen den Kirchen Polens und Deutschlands. Auf Initiative der Stiftung Hansestadt Danzig in Lübeck unterzeichnete die Union Evangelischer Kirchen am 5. März 2024 in Berlin Vereinbarungen mit dem Erzbistum Danzig und der polnisch-katholischen Corpus- Christi-Kirche. Nach einer Abschiedsfeier am 15. Mai in Lübeck wurden drei Glocken aus dem 18. Jahrhundert nach Danzig transportiert.
Die in Danzig hergestellten Glocken verließen während des Zweiten Weltkriegs Danzig und Pommern. Sie sollten zur Herstellung von Munition eingeschmolzen werden. Wie durch ein Wunder entgingen sie jedoch der Zerstörung und läuteten nach dem Krieg, obwohl sie bereits in Lübeck und nicht in Danzig oder Wotzlaff waren, als Glocken in der evangelisch-lutherischen Michaeliskirche.
Anschließend wurden sie seit 2008 im Museum der Hansestadt Danzig in Lübeck ausgestellt.
Am Sonntagnachmittag ist dann der Ofen aus, der die Sole erhitzt hat und muss abkühlen. Alles wird später fein säuberlich wieder verpackt, vorher noch die Aufstellung für die Abschlussparade gemacht, wenn es es auch zu regnen anfängt. Wegen der Fußball-EM ist sie zeitlich vorverlegt worden.
Wie schon bei der Eröffnung wurde die rot-blau-weiße Lüneburger Stadtfahne von Frank Soldan präsentiert, geschwungen und getragen. Der Löwe auf dem Lüneburger Stadtwappen ist als gemeinsame Figur der Heraldik blau und rotgezungt und das beliebteste Wappentier.
Durch das noch in Renovierung befindliche Danziger „Golden Gate“ geht die Parade der Hansestädte weiter zum Neptunbrunnen. Dieser liebt das Wasser, hat es zum Freund. Vorbei am alten Rathaus mit dem Danziger Stadt-Wappen, in dem zwei goldene Löwen die Fahne von Danzig halten , der Metropole der Woiwodschaft Pommern.
„Nec temere, nec timide! Was übersetzt heißt: weder unbesonnen noch furchtsam!
Und das ist in Danzig am Ende der Hansetage wohl keiner, obwohl der Himmel voller Wasser ist, als Jan Lindenau die Fahne der Hanse zusammenlegt und symbolisch von Gdańsk nach Visby übergibt. Danzig ist traurig, Danzig weint, weil dieser Kongress zu Ende geht, hatte – Inger Harlevi, Präsidentin des Gotland-Regionalrats, ihre Rede im strömenden Regen begonnen.
Visby, in dieser schwedischen Stadt, die auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes steht, wird das Treffen nächstes Jahr vom 5. bis 8. Juni stattfinden. Gotlands Visby wird auch „Klein-Rom“ genannt. Hier wird dann das Herz der Neuen Hanse weiter schlagen.

Text/Fotos: Hajo Boldt


© Fotos: Hajo Boldt


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