Lüneburger auf dem Hamburger Dom — Familie Päprer lebt auf dem Dorf
von Carlo Eggeling am 01.08.2023
Sebastian Päprer lebt auf dem Dorf. Mit Schule, Kindergarten, Kantine, Pastor. Allerdings geht es hier ein wenig anders zu. Jeden Tag laufen Tausende Besucher durch die Gassen. Musik hämmert, Gäste kreischen. Niemand beschwert sich, wer hier wohnt, findet es völlig normal, im Gegenteil, die Leute freuen sich darüber. Denn sie verdienen ihr Geld mit guter Laune. Willkommen auf dem Hamburger Dom steht an den Eingängen. Päprer ist Schausteller, der Festplatz am Rand zur Reeperbahn ist jedes Jahr ein halbes Jahr das Zuhause der Familie. Dreimal für vier Wochen Jahrmarkt, dazu Wochen für Auf- und Abbau. Der Hafengeburtstag kommt dazu.
"Wir sind zweimal vertreten", sagt der 36-Jährige. Mit einem Süßwarenstand, der hier Hamburger Zuckerküche heißt, und dem Karussell Love Dream. Das haben die Päprers vor ein paar Jahren gebraucht gekauft: "Da habe ich einen großen Schritt gewagt." Sie haben ein paar Hunderttausend investiert, das Geld müssen sie verdienen. Das ist nicht anders wie in einem Handwerksbetrieb, der seinen Maschinenpark erweitert. Päprer und seine Kollegen agieren als mittelständische Unternehmer. Er beschäftigt drei feste Mitarbeiter, dazu Aushilfen.
Der Beruf ist erblich bedingt. Die Päprers leben seit 1907 als Schausteller, sie haben mit Eis und Backwaren begonnen, später kamen Süßwaren, dann das Karussell. Um die Süßwaren kümmert sich Päprers Frau Victoria, die 34-Jährige stammt ebenfalls aus einer Familie des "ambulanten Gewerbes", wie es offiziell heißt.
Für den Chef gibt es nichts Besseres als seinen Beruf: vielseitig, man kommt rum und lernt andere Orte kennen, dazu schenke er Freude: "Manche kommen mit schlechter Laune an die Kasse, sie gehen mit einem Lachen." In Erinnerung hat er den autistischen Jungen, der kaum spricht. Nach einer rasanten Fahrt habe der Jugendliche gelacht: "Die Eltern kamen zu mir und waren glücklich."
Das Leben auf dem 160 000 Quadratmeter großen Platz hat zwei Seiten: Von 15 Uhr bis 23 Uhr, freitags und Sonnabends bis nach Mitternacht ist es offiziell. Das Leben des Dorfes läuft in den anderen Stunden: Familie und Freunde in Wohnwagen, in Stammtischrunden, in Vereinen, im Schul- und Kindergartenwagen für den Nachwuchs. Am Vormittag erledigt Pärper, was an Reparaturen und Verbesserungen ansteht. Er ist Tischler, Elektriker, Klempner, Maler, Animateur und Kaufmann: "Das lernt man von seinem Vater." Wenn er etwas nicht kann, holt er einen Kollegen dazu: "Das funktioniert andersrum genauso." Und selbstverständlich kommen Fachleute -- alle Sicherheitsvorschriften werden eingehalten.
Während der Schulzeit habe er Praktika gemacht, in der Corona-Zeit für einen befreundeten Bauunternehmer gearbeitet, erzählt Päprer: "Da war mir klar, dieser Alltagstrott ist nichts für mich. Wie sagt man auf Neu-Deutsch: Hier haben wir unseren eigenen Livestyle." Das gelte auch, wenn sie andere Märkte im Norden ansteuern. Lüchow, Lauenburg, Rendsburg, Halstenbek, Lüneburg. Man treffe Kollegen und Freunde, unternehme etwas gemeinsam: Er lächelt: "Mein Beruf ist auch mein Hobby."
Päprers Sohn kommt dazu. Oscar will auch Schausteller werden. Warum? In seinem Blick ist zu lesen "Wie kann man so eine doofe Frage stellen?" Er geht in Lüneburg zur Oberschule am Wasserturm, am Wochenende und in den Ferien kommt er auf das Heiligengeistfeld, sitzt mit seinen zwölf Jahren neben seinem Vater an der Kasse und verkauft Chips. Dann sagt er, was auch sein Vater sagt und alles erklärt: "Das Leben hier ist immer anders." Was gibt es Schöneres? Schausteller -- das ist erblich. Carlo Eggeling
Die Bilder zeigen Sebastian und Oscar Päprer.
Öffnungszeiten auf dem Sommerdom:
Montags bis donnerstags von 15.00 bis 23.00 Uhr
Freitags und sonnabends von 15.00 Uhr bis 00.30 Uhr
Sonntags von 14.00 Uhr bis 23.00 Uhr
Heiligengeistfeld, 20359 Hamburg
Familientag: Jeden Mittwoch ermäßigte Preise für alle Besucher
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