Lüneburg, am Donnerstag den 25.04.2024

Lüneburger Portraits — Ole Ohlendorffs Blick auf die Stadt

von Carlo Eggeling am 28.05.2023


Das Schalli am Stint ist geblieben. Wo sollten wir sonst sitzen, wenn es um Lüneburg, Erinnerungen, Gesichter der Stadt geht? Geändert haben sich allerdings die Getränke: alkoholfreies Bier und Apfelschorle. Damals lange Nächte, harte Nächte. Jahrzehnte her. Neue Wege. "Bulle, Rocker, Maler" stand mal über einem Artikel, den ich geschrieben über Andreas Ole Ohlendorff habe. Polizist auf der David-Wache, Motorradfahrer bei den Rockern der Schweinbande, der Name war Programm, beides ging für die Chefs von Ole nicht zusammen, für ihn auch nicht. Die Wende. Eine Wohnung über der verschwundenen Stint-Kneipe Alter Kran, Bleistiftzeichnungen auf den Stufen der Ilmenau-Terrasse. Für ihn der Anfang als Künstler. Ich bin später zur Zeitung. Die Verbindung ist geblieben. Alkohol haben wir beide gestrichen.

Ich erzähle das, weil es eine andere Geschichte ist als viele. Neulich hat Ole mich angerufen. Er verfolge ein neues Projekt, er male Lüneburger. Ob ich Lust hätte, dabei zu sein. Rollentausch: Er hat mich befragt, denn ein Portrait bedeutet mehr als Pinselstriche, es will mehr als bloß ein Gesicht festhalten. Ich bin einer in einer ganzen Reihe.

Ole setzt ein Projekt um, er hat ein Stipendium der Uwe-Lüders-Stiftung erhalten. Die sitzt in Lübeck ist aber mit Lüneburg und der hiesigen Sparkassen-Stiftung eng vernetzt. So beschreibt die Stiftung ihr Anliegen selbst: "Es sollen Kunstschaffende gefördert werden, die am Kunstmarkt noch nicht etabliert sind und noch nicht von anderweitigen Galerien oder Institutionen erfolgreich vertreten werden. Ziel des Stipendiums ist die Förderung von Potenzialen, die aufgrund der persönlichen oder wirtschaftlichen Umstände bisher nicht voll ausgeschöpft werden konnten. Eine Altersgrenze ist nicht vorgegeben." Drei Monate können die Künstler in eine kleine Wohnung im 1478 erstmals erwähnten Roten Hahn beziehen, einem mittelalterlichen Hospiz der Armenpflege. Dazu gibt es ein monatliches Salär und einen Zuschuss für Materialkosten.

Ole, 65 Jahre alt, malt vor allem Musiker-Portraits, damit hat er ein Publikum, aber sicher ein überschaubares. Das Stipendium mache eine andere Tür auf, findet Carsten Junge. Er ist Geschäftsführer der Sparkassen-Stiftung. Er kennt Ole und dessen Arbeiten, die im Atelier in der Kulturbäckerei entstehen. Dessen Konzept, einen malerischen Blick auf Lüneburg und Lüneburger zu werfen, habe die Jury überzeugt. Er sei auf die Ergebnisse gespannt.

Zurück ins Schalli. Ole trinkt einen Schluck Alkoholfreies und erzählt, wie er arbeitet. Am Anfang ständen ein Gespräch und ein Fotoshooting. "Wenn es gut läuft, bildet das Bild mehr ab, Es ist eine Annäherung, sonst würde ein Foto reichen." Er lächelt und zitiert Antoine de Saint-Exupéry, der hat "Der kleine Prinz" geschrieben: "Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."

In den Roten Hahn zu ziehen, sei eine Rückkehr zu den Wurzeln: "Ein wunderschönes Ambiente, eine Reise in alte Zeiten." Und mehr: "Es ist eine Hommage an Freunde und Weggefährten, aber eben auch an und für Leute, auf die ich später aufmerksam geworden bin. Ich habe viele Hinweise bekommen: Unternehmer, Stadtführer, Wirte, wache Geister." Wenn man es groß sehen möchte, fängt Ole eine Momentaufnahme der Stadtgesellschaft ein. Irgendwann in Jahren und Jahrzehnten mag es wirken wie das Einfrieren einer Epoche.

"Ich wollte ein Dutzend Leute malen, jetzt bin ich bei achtzehn", sagt er. Aber es könnten sicher noch mehr werden. Alle im gleichen Format, 70 mal 70 Zentimeter, verbunden mit einem Stück Lüneburg, etwas Erde, Brocken vom Kalkberg, Salz, was auch immer; und der Stadtmarke, dem gotischen A, das für Mons, Pons, Fons stehen soll: Berg, Brücke, Quelle. Es findet sich übrigens am Tor zum Roten Hahn wieder. Dazu kommt ein Handabdruck des Portraitierten.

Alle, die er gefragt habe, seien offen für die Idee, freut sich der Maler, der mit seiner Frau Martina in Winsen lebt. Die Vorbereitungen laufen. Von Juli an kann er für ein Vierteljahr in die Atelierwohnung ziehen, später soll es eine Ausstellung über dem Glockencafé geben, das Haus gehört der Lüders-Stiftung, und sie nutzt es im Obergeschoss wie eine Galerie.

Die Gläser sind leer. Wir laufen hoch an die Rotehahnstraße, stehen in einem Innenhof, so schön, dass es beinahe weh tut. Kopfsteinpflaster, Backstein, ein unglaublicher Blick auf den Turm von St. Nicolai. Mitten in der quirligen Stadt und dabei eine heitere Ruhe. Eine junge Frau, ebenfalls Malerin, gießt und zupft Kräuter und Blumen.

Ole lächelt, es ist ein Glück. Noch näher kann man dem alten Lüneburg kaum sein, ein gutes Fundament, um das moderne Lüneburg einzufangen. Carlo Eggeling

© Fotos: ca


Kommentare Kommentare

Kommentar von Ole Ohlendorff
am 29.05.2023 um 09:45:05 Uhr
Dicke Danke Carlo für deinen Artikel... hope to see ya soon... bei einem kühlen alkoholfreien Getränk !!!
Kommentar von Manfred Heine
am 29.05.2023 um 12:18:53 Uhr
Hallo Ole,
Ein sehr interessanter und schöner Artikel.
Auf die Portraits bin ich sehr gespannt 🤩
Kommentar von Falko Wernich
am 29.05.2023 um 14:55:12 Uhr
Hi, Ole,
ein neuer und weiterer Schritt für dich, deine Entwicklung und uns als Betrachtet, Langzeitbegleiter und Fans....
Der nächste Besuch ist sicher, bis dahin.....
Kommentar von Roland (Rollo) Richter
am 29.05.2023 um 16:06:36 Uhr
Moin Ole,
ich bin jetzt schon begeistert von der Sache und deiner Umsetzung der Portraits.
Painterman you rock that😎🤘
Kommentar von Jörn Stoffregen
am 29.05.2023 um 20:11:45 Uhr
Ole ist ein so facettenreicher Mensch,
dem es an künstlerischer Finesse nicht fehlt.
Ich wünsche Dir weiterhin den Weitblick mit sinnlichem Herzen in deinen Portraits.
Kommentar von Andrea
am 30.05.2023 um 08:11:09 Uhr
Hallo Ole,
tolles Projekt, ich bin sehr gespannt und komme gerne vorbei.
Also auf nach Lüneburg :)
Lg Andrea
Kommentar von Constanze
am 30.05.2023 um 09:54:02 Uhr
Als Lüneburger,ist es so schön von den Menschen zulesen ,die man nicht kenn t und doch sofort kennen lernen möchte.😍Danke Carlo für dieses tolle Portrait
Kommentar von Achim Fahrenkrug
am 01.06.2023 um 08:30:11 Uhr
Moin Carlo, Moin Ole, … Carlo, wie immer Top geschrieben… Ole kenn ich seit über 50 Jahren und hab seine großartige Entwicklung mitverfolgt. Er ist einer der besten Porträtmaler die kenne. Ich freue mich auf das Projekt. Du hast es schon lange
verdient. Ich hoffe wir sehen uns bald mal wieder. Leider kennst du ja meine gesundheitlichen Problem… Aber wir
werden es schaffen alter Freund. Gruß Achim
Kommentar von Verena
am 01.06.2023 um 14:23:12 Uhr
Toller Artikel, tolle Sache - es bleibt spannend, freue mich auf die Ergebnisse…😊👍🏼


Kommentar posten Kommentar posten

Ihr Name*:

Ihre E-Mailadresse*:
Bleibt geheim und wird nicht angezeigt

Ihr Kommentar:



Lüneburg Aktuell auf Facebook