Lüneburg, am Montag den 18.08.2025

Meine Woche Wunder

von Carlo Eggeling am 03.12.2022


Wunder



In Hannover sind die Lüneburger Abgeordneten von Grün und Rot sich innig verbunden, auch wenn sie sich vor ein paar Monaten kratzbürstig zeigten. In einer gemeinsamen Pressemitteilung verkündeten Detlev Schulz-Hendel, Pascal Mennen und Philipp Meyn in dieser Woche, dass die Landesregierung in Hilfs- und Förderprogrammen Milliarden ausschütte und davon rund 21 Millioenen Euro in den Landkreis Lüneburg flössen. Fein, das Geld kann die Region gut gebrauchen. Das ist der eine Aspekt, der zweite kann ein Indiz für einen neues Miteinander sein.

Denn ist ja doch etwas skurril, dass Grüne und Sozis im Rat der Stadt sich so freundlich begegnen, als hätten sie gerade in eine Zitrone gebissen. Wenn man auf Landesebene aus dem Umarmen kaum herauskommt, wieso dann in der Kommune eher ein "Rühr' mich nicht an"? Das hat sicher persönliche Gründe. Zwar beschwören viele ein "faires Miteinander", das scheitert allerdings an einigen Protagonisten, die scheinbar morgens mit Reißzwecken gurgeln und deshalb picksig daherkommen, weil sie sich über andere grün und rot ärgern. Da hat sich nicht so viel im Vergleich zum Vorgänger-Rat geändert.

Als Beobachter gewinnt man den Eindruck, dass neben der scheinbar eingemeindeten Fraktion der Linken, die alles Grüne abnickt, ein enges Verhältnis zu den Christdemokraten besteht. Alte schwarze Kämpen müssen — um beim Gurgeln zu bleiben — sich wohl Tee mit Honig durch den Hals laufen lassen. Schweigen oder eher sanfte Stimme.

Fraktionsvorsitzende Monika Scherf soll die Parole Zurückhaltung ausgegeben haben, heißt es aus ihren Reihen. Warum bloß? Hat das einen Grund? Auf den Fluren des Rathauses und in den Reihen der Politik flackert immer wieder das Gerücht auf, dass sie die scheidende Kämmerin beerben könnte; Frau Lukoschek räumt bekanntlich Anfang des Jahres ihren Posten als städtische Finanzministerin. Die Oberbürgermeisterin kümmert sich um eine Nachfolge, wie schon beim Posten Soziales offenbar unter Ausschluss der Öffentlichkeit, obwohl es sich bei Dezernentenstellen um Wahlämter handelt.

Da die CDU-Frau ihren Posten als Chefin der Landesregierung räumen musste. Eine SPD-Dame ersetzt die Schwarze, sollte nun etwas Neues folgen. Frau Scherf sagte der Zeitung zum Abschied von der Hude: "Da, wo eine Tür zugeht, wird sich in Kürze wieder eine Tür öffnen." Im Rathaus? Interessant liest sich die Einordnung eines grünen Dauerkommentierers unter einem Beitrag bei Facebook: "Monika Scherf ist parteiübergreifend respektiert, sie hat diesen Job glänzend gemacht. Und es gab auch von Grünen Zeichen nach Hannover: Scherf soll bleiben. Es wäre ein außergewöhnliches rot-grünes Signal gewesen." Naja, so außergewöhnlich?



Eine andere, die zu Zurückhaltung aufruft, führt die SPD-Fraktion. Ihren Job als Landtagsabgeordnete hat ihr ein Grüner abgenommen. Auch Andrea Schröder-Ehlers hätte gern eine neue Aufgabe, höchstwahrscheinlich nicht im Rathaus. Zu viel Laustärke kann weit hallen. Unter ihren Ratsfrauen und -männern tragen einige den nur begrenzt Attacke fahrenden vorgegebenen Kurs eher murrend. Aus diesen Reihen heißt es, manche wünschten sich Perspektiven, eventuell von anderen Akteuren. Angeblich haben die Sozialdemokraten sich auf eine Strategieberatung und -konferenz geeinigt.



Es geht immer um die Sache, nie um jemanden persönlich, versichern Politiker immer wieder. Klar. Das glauben wir Untertanen gern. Im kürzlich vergebenen Dezernat für Soziales und Kultur erfüllte der Kandidat nachweislich nicht einmal das Anforderungsprofil, besitzt aber ein Parteibuch, welches sicher nicht gegen seine alleinige Kandidatur sprach. Als positiver Mensch verehre ich die Weisheit des Schriftstellers Erich Kästner: "Nur, wer an Wunder glaubt, wird Wunder erleben." Die erleben wir immer wieder.

Deshalb soll es an dieser Stelle heiter enden. Vor ein paar Tagen eröffneten die Weihnachtsmärkte in der Stadt. Es gab dasselbe Gejammer wie in jedem Jahr, die Preise seien zu hoch, das Angebot zu langweilig. Blablabla. Es war immer etwas teurer als zu Hause, weiß jeder, der in ein Zeitungsarchiv schauen kann.

Da sollte er zudem etwas anderes finden: Im vergangenen Jahr mussten die Standbetreiber, die sich Mühe gegeben und alle Corona-Auflagen erfüllt hatten, nach ein paar Tagen wieder einpacken. Zur Sicherheit. Die 270 Tannen, die den Markt stimmig umrahmten, rupften Zeitgenossen der Kategorie Leichenfledderer ab, um sie nach Hause zu ziehen. Ganz in der Linie ihrer Verwandten aus der Steinzeit: Jäger und Sammler machen Beute.

In diesen Tagen sind die Städte voll, überall genießen wir die Freiheit, nicht auf Karl Lauterbach hören zu müssen und bummeln zu können. Freiheit bedeutet immer Risiko, da hat der Gesundheitsminister recht. Deshalb noch einmal Kästner: "Das Leben ist immer lebensgefährlich." Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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