Lüneburg, am Sonntag den 15.06.2025

Mit Qualm, Charme und Schaufelrädern – Kaiser Wilhelm auf Nostalgietour

von Hajo Boldt / Winfried Machel am 14.06.2025


Wittenberg. Während in der Altstadt Hochzeitsstimmung herrscht und Luther symbolisch erneut „Ja“ sagt, startet am Elbufer ein anderes Traditionsspektakel: Der betagte Raddampfer Kaiser Wilhelm schippert zum 125. Geburtstag auf Jubiläumsfahrt Richtung Dresden.

Baujahr 1900, aber topfit – zumindest technisch. Als zweitältester fahrtüchtiger Raddampfer Deutschlands ist der Kaiser quasi der Methusalem der Dampfschifffahrt und gleichzeitig ein fahrendes Technikmuseum mit ordentlich Dampf unterm Kessel.

Kaum abgelegt, steigt die standesgemäße Rauchfahne gen Himmel. Ein vertrautes Bild für die Kenner am Ufer: „Alles normal, der Kaiser grüßt.“ Weniger entspannt dagegen die Feuerwehr: In der Innenstadt, wo man nur den Rauch, nicht aber das Schiff sieht, meldet ein besorgter Bürger einen möglichen Brand. Wenig später kurvt das Einsatzfahrzeug mit Blaulicht an – Einsatzort: Fehlalarm.

Die Anwohner bleiben cool. „Ach, das ist nur der Kaiser Wilhelm, der qualmt schon seit Jahrzehnten so“, winkt eine 84-Jährige ab, die den Dampfer schon seit 71 Jahren vorbeiziehen sieht. Früher war das normal: „Jang und Jebe“ nannte man das liebevoll.

Gemächlich pflügt der Kaiser durch die Elbe, passiert Elster, Pretzsch und Prettin. Spaziergänger winken, Kinder filmen, Picknickdecken leuchten im Sonnenschein. Kurz: Entschleunigung pur.

Nachmittags erreicht das Schiff Torgau – den historischen Handschlag-Ort von 1945. Der Pegel: schmale 87 Zentimeter. Optimal für Flachwasserromantik, weniger für spontane Mitfahrer. „Jetzt wär ich auch gern drauf“, seufzt ein Zaungast. Tja, zu spät. Kurs halten!

Weiter geht’s: Fähre Belgern, muhende Kühe als spontane Begleiter, die stillgelegte Fährstelle Mühlberg (heute Brücke) und schließlich der Wohnmobilstellplatz Strehla, wo auch die Camper den qualmenden Oldtimer bestaunen. Die Abendsonne taucht das Schaufelrad in goldenes Licht – Endstation: Riesa.

An Bord: über 50 Fans. Nostalgiker, Technikliebhaber, Dampfschiff-Romantiker und der rasende Reporter Hajo von LüneburgAktuell. Und alle sind sich einig: Mehr Geschichte auf einmal geht kaum. 125 Jahre unter Volldampf – und kein bisschen leise.

© Fotos: Hajo Boldt


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