Lüneburg, am Montag den 18.08.2025

Mobil anderswo

von Carlo Eggeling am 27.01.2024


Meine Woche

Wichtig. Jede/r



Die Verkehrswende ist eine tolle Sache, in der Region klappt das bestens -- immer mehr Autos rollen durch Stadt und Kreis. Oder war das anders gemeint? Auf den Kreideberg mit 8000 Einwohnern fahren weniger Busse als vor einem Jahr. Takt ausgedünnt. Stadtauswärts haben KVG und Politik die Haltestelle nahe Markt und ein Stück weiter am Capitol gestrichen. Es sollte sich was drehen, hieß es im Wahlkampf vor zweieinhalb Jahren. Bis auf einen Fahrrad-Highway am Clamart-Park, an dem schon vorher gut Strampeln war, merkwürdige 150 000 Euro teure Schilder, die anzeigen sollen, dass die Ampel rot oder grün wird -- war ja bislang kaum zu erkennen, wenn der Fahrradhelm verrutschte --, und verknoteten Einbahnstraßen im Wasserviertel, auf die kaum einer achtet, hat es sich eher auf der Stelle gedreht.



Drüben in Lüchow-Dannenberg, dem Kreis in dem so wenige Menschen leben und die Dörfer sich durchs Land würfeln, hat Landrätin Dagmar Schulz mit ihren Mitarbeitern Ungeheuerliches gewagt. Kostenloses Bus-Ticket für Schüler, Lehrlinge und junge Leute, die ihren Bundesfreiwilligendienst absolvieren. Das sind gleich zwei sensationelle Nachrichten: Im Nachbarkreis fahren Busse regelmäßig, und Veränderung ist möglich.

Niedersachsens bestem Politik-Magazin, dem Rundblick, war das jetzt eine lange Geschichte wert.

Zitat: >>„Ich habe unser Controlling mal ausrechnen lassen, was ein kostenloses Schülerticket für einen Mehraufwand bedeuten würde“, erläutert Schulz. Weil durch das Gratisangebot auch ein erheblicher Verwaltungsaufwand wegfällt, wie etwa der ganze Schriftverkehr zwischen der Verwaltung und den Schulsekretariaten, bezifferten die Experten den Einnahmeverlust auf gerade mal 33.000 Euro. „Da haben wir gesagt: Das machen wir sofort“, sagt die Landrätin. Nun dürfen nicht nur die Schüler der vier Oberstufenstandorte in Lüchow-Dannenberg kostenlos mit dem Bus fahren, sondern auch Auszubildende und Jugendliche, die einen Bundesfreiwilligendienst absolvieren. Die Gesamtkosten von insgesamt 150.000 Euro werden aus dem Klimaschutz-Topf bezahlt. „Es ist ja auch ein Beitrag zum Klimaschutz, damit Elterntaxis vermieden werden“, argumentiert Schulz. Außerdem sollen die jungen Leute an die ÖPNV-Nutzung gewöhnt werden.<<



Aber wer schaut schon nach Lüchow-Dannenberg, Lüneburger Ersatz-Fahrpläne besitzen einen gewissen Charme. Außerdem: Hier sitzt ja jeder im Sattel, es sei denn ein Dienstwagen samt Fahrer wartet. Ups, das war wieder gemein. Klimaentscheid, Radentscheid, Fahrradlobbyisten -- da singt keiner ein Klagelied, dass Erwartungen mal größer waren.

Busse. Wer will schon so etwas wie in Rheinland-Pfalz? Was Landau an der südlichen Weinstraße anbietet, da würden hiesige Verkehrspolitiker nach dem Arzt rufen: Größenwahn. Dort bieten sie Kleinbusse an, die in schwachen Zeiten nach 21 Uhr die Stadtdörfer ansteuern. "Von Donnerstag bis Samstag geht der Späterverkehr bis drei Uhr in der Früh", habe ich im Sommer in der Rhein-Pfalz gelesen. Können Kunden per App oder Telefon buchen. Parallel nutze das Projekt der Gastronomie -- Gäste kommen prima nach Hause. Fein für die Sicherheit: Keiner muss beschwingt von was auch immer hinterm Lenkrad zeigen, was er nicht mehr gut kann. Mobilitätsdezernent der 47 000-Einwohner-Stadt ist übrigens ein Grüner. Anderswo dreht sich was.



Dafür ist es hier ganz kuschelig und irgendwann ist die Innenstadt ein Wohnzimmer. Mit riesigem Schlafsofa. Leerstände seien gar nicht schlimm, hat uns die Verwaltung neulich wieder lang in der Zeitung erklären dürfen. Alle, die das kritisieren, gucken nur falsch. Vierzig gähnende Löcher an den Hauptmeilen. In ein paar Geschäften bauen sie um. Das ist doll, war früher nie so. Schuld haben die hohen Mieten. Die Dauererkärung so ausgeleiert wie eine Jogginghose fürs Wohnzimmer. Ich warte auf den Grünen Ex-Ratsherren, der mit seiner Handykamera durch Parkhäuser zieht, um zu belegen, wie viele freie Stellplätze es gibt. Leider aber nicht die Frage stellt, warum nicht mehr Menschen in die Stadt kommen. Nun hat er eine feste Stelle als Stratege im Rathaus. Die Strategie scheint zumindest aufgegangen.



Was soll's. Es ist wie es ist. Wie schön, wenn es Erklärungen für Herausforderungen gibt, die herausfordernd bleiben. Kann man nix machen. Sieht man in Lüchow-Dannenberg und Landau.



Wunderbar, dass am vergangenen Wochenende Tausende auf dem Markt demonstriert haben für Toleranz, Weltoffenheit und Demokratie. Der Erfolg mag überschaubar sein, der Hass schwappt weiter durchs Netz, befeuert von angeblich persönlichen Bloggs. Aber es tut gut, wenn alle sehen, dass Alternativen für Deutschland ganz anders ausfallen. Die Oberbürgermeisterin selbst weilte in Österreich. War nicht schlimm, dass sie fehlte, findet sogar ihr grüner Fraktionschef Ulrich Blanck in der Lünepost: "Jeder Mensch ist wichtig und bedeutet uns gleich viel. In diesem Sinne wäre Frau Kalisch, wäre sie dort gewesen, eine Person mehr; wir waren 10 000." Ob das bei ihr auch für andere Themen gilt?

Auf jeden Fall ein angenehmes Wochenende. Jedem von Ihnen und Euch, jede ist gleich wichtig. Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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