Lüneburg, am Montag den 18.08.2025

Mutausbruch — Simone Gerwers weiß, wie es geht

von Carlo Eggeling am 27.09.2023


Katastrophen, Krieg, Kakophonie in der Politik. Das schallt aus dem Fernsehen, dass schreiben Zeitungen, das plärrt, zigfach verstärkt, aus dem Internet. Na und? Simone Gerwers sagt: "Sicherheit war eine Illusion. Das merken wir, wir brauchen eine Unsicherheitskompetenz." Es klingt nach einer der vielen Weisheiten, die uns wie Kalendersprüche umflattern. Allerdings unterlegt die Lüneburgerin ihre Thesen handfest, denn sie hat einen praktischen Hintergrund. Die Wirtschaftswissenschaftlerin mit Diplom hat sich 2006 selbstständig gemacht, berät Führungskräfte in Unternehmen und Verwaltungen. Sie war Personalchefin von 600 Mitarbeitern. Veränderung ist ihr Geschäft.

Wer führen will, sollte sich zunächst selbst fragen: Was sind meine Werte und Kompetenz, woraus kann ich Kraft schöpfen? Das ist ein Fundament. Gleichzeitig ist die Zeit der Einzelkämpfer vorbei. "Führungskräfte leben mit einer doppelten Verantwortung, der für sich selbst, aber auch mit der für Mitarbeiter ein sicheres Umfeld zu schaffen, sodass sich Leute trauen etwas anzupacken. Das kann schief gehen. Dann braucht es die Gewissheit, es hält mir jemand den Rücken frei."

Es bedarf einer Analyse: Die Generation der Babyboomer hat ein anderes Selbstverständnis als eine Generation, die jetzt in die Wirtschaft kommt. Die Älteren erleben die Jüngeren vereinfacht gesagt als faul, die Jüngeren die Älteren als besserwisserisch und wenig veränderungsbereit. Es kommt, wie schon immer, darauf an, dass beide Generationen zusammen Perspektiven entwickeln, um etwas voranzubringen. Wer lange dabei ist, bringt Erfahrungen mit, wer neu dazukommt vielleicht an besseres technisches Wissen und neue Ansätze.

Dabei kommt es sehr auf die Spitze an. Ein Chef sollte wissen, was er, sein Betrieb, seine Kommune erreichen will. "Wo wollen wir hin? Wie kommen wir dorthin? Stehen für mich andere Führungskräfte und die anderen Mitarbeiter im Mittelpunkt? Fühlen sie das, gehen sie gut mit Kunden und Bürgern um." Simpel, wenn es nicht läuft, bleibt die Erkenntnis: "Der Fisch stinkt vom Kopf."

Es gehe darum, sich selber zu hinterfragen, Klarheit zu vermitteln: "Bin ich verbindlich und stehe zu meinem Wort? Mitarbeiter brauchen Mut und Motivation." Gewissheit ist gut, aber keine satte Selbstgewissheit: "Eine Führungskraft ist Dienstleister."

In dem Gespräch bei Apfel- und Rhabarber-Schorle geht es immer wieder um Mut. Kein Wunder, die 60-Jährige hat ein Buch dazu geschrieben, Titel: Mutausbruch. Den hat sie immer wieder gebraucht. Aufgewachsen in der ehemaligen DDR in der Nähe von Dresden und wechselte sie nach der Wende nach Hamburg. Studium von Wirtschaft und Management, leitende Funktionen bei einer Krankenkasse, dann die Frage: Was will ich noch? Sie machte sich selbstständig. Schließlich wollte sie mit ihrem Mann im Hamburger Umland leben, erst in Randgemeinden Lüneburgs, nun in der Stadt. "Ich habe mich in die Stadt verliebt."

Wer liebt, blickt mit Mut auf seine Liebe und wünscht sich, dass man sich gemeinsam weiter entwickelt: Sich trauen nach vorne zu gehen, ohne genau wissen, was kommt, aus der alten Absicherheit rausgehen: "Denken, was es nicht gibt, das passt zu dieser Stadt." Wie in ihrem Buch: Mutausbruch. Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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