Lüneburg, am Montag den 18.08.2025

Prügelei riesig

von Carlo Eggeling am 31.08.2024


Meine Woche
Meine Fresse

Es gab richtig auf die Fresse. Streit auf dem Schulhof, ich lag unten, Prügel, mein Kopf schlug ein paar Mal auf den Boden. Wie gut, dass andere dazwischen gingen. Wir sind übrigens urdeutsch. Jede Menge Wut bei uns beiden. Hätte anders ausgehen können. Mein Vater erzählt, wie sie sich als Rock'n'Roller und Bengels beim Bill-Haley-Konzert in Hamburg 1958 mit der Polizei handfest angelegt haben. Mein Großvater war wohl auch nicht ganz ohne als Junge auf St. Pauli.

Jetzt haben sich an der Berufsschule ein paar junge Männer vermöbelt, einer wurde verletzt, eventuell durch ein Messer, vielleicht durch etwas anderes. Eine Verletzung, laut Polizei wohl nicht tief. Das ist alles nicht in Ordnung, muss geahndet werden. Aber nach allem, was bis jetzt bekannt ist, wohl ein mittelschweres Drama, selbst wenn die Jungs angeblich aus Georgien und Afghanistan kommen, wie früh aus Polizeikreisen zu hören war.

Es sei denn, man schaut ins Netz. Wut-Fratzen und der auf einem lokalen Empörungs-Sparten-Kanal zu findende Satz "Es reicht." Natürlich schwingt mit: Messer-Männer. Denn die bekennenden Nicht-Journalisten wissen mehr als die Polizei: "Laut Augenzeugen und User (die vor Ort waren) ist es noch schlimmer, wie öffentlich berichtet wurde. Wir haben mit Beteiligten gesprochen. Es soll mit einem Messer zugestochen worden sein." Soll. Aber der Zungenschlag ist klar, Messer-Männer. Entsprechend fallen die Kommentare darunter aus, von den keiner nach dem Matthäus-Wort "Selig sind die Friedfertigen" klingt.

Eine Schulhof-Prügelei. Ich bewundere die Kombinationsgabe, die selbst Sherlock Holmes angesichts der dünnen Faktenlage blass werden ließe. Worteverehrer greifen gern zu in Zwei-Wort-Sätzen. Es reicht. Was meint das, was soll passieren? Innere Einkehr? Bestimmt: Wenn junge Männer unter Adrenalin das lesen, schwenken sie um und singen mit Nicole den Schlager von 1982 "Ein bisschen Frieden". Retro ist schließlich gerade sehr angesagt.

Ich habe einen angerufen, der an den Berufsschulen seit einem Vierteljahrhundert Lehrer ist: "Das ist ein Einzellfall, an so etwas kann ich mich nicht erinnern." Rund 6000 Schüler besuchen die Schulen am Schwalbenberg, die dann an unterschiedlichen Tagen zum Unterricht kommen, schätzt der Pädagoge. Sie stammen wohl aus hundert Nationen. Es reicht. Was jetzt? Alles Messer-Männer, weil ihre Eltern oder sie selber irgendwann zugewandert sind?

Es reicht. Ja. Es ist Aufgabe der Polizei zu klären, was hinter dem Streit steckte, ob überhaupt ein Messer im Spiel war. Die Beamten machen das nicht empört, sondern sachlich. Eben das dient der Sache und kann alle Aufgeregten ungemein beruhigen. Aber des öfteren scheint es gar nicht darum zu gehen.

Es reicht. Denken wir daher noch einmal an die Bibel und an Matthäus: "Selig sind, die da geistlich arm sind; denn das Himmelreich ist ihr." Immerhin das. Carlo Eggeling

© Fotos: ca


Kommentare Kommentare

Kommentar von Ditmar Frommke
am 03.09.2024 um 09:42:41 Uhr
Danke Carlo für diesen Kommentar! Das geistige Prügeln zur Adrenalinabfuhr scheint ja zur alltäglichen Praxis unseres gegenwärtigen Zusammenlebens zu gehören.
Der Aufmacher der LZ (Bild) springt dabei auch auf den Zug der Dramatisierung...
Wie wir wohl den Absprung aus dieser Haltung finden werden..
Dein Kommentar ist jedenfalls ein wohltuenden Gegenbeispiel. 👍


Kommentar posten Kommentar posten

Ihr Name*:

Ihre E-Mailadresse*:
Bleibt geheim und wird nicht angezeigt

Ihr Kommentar:



Lüneburg Aktuell auf Facebook