Lüneburg, am Montag den 06.05.2024

Romy-Gesichter einer Ikone

von Hajo Boldt am 22.04.2024


In der Lüneburger Kunsthalle, der Kulturbäckerei, eröffnete am Sonntag Carsten Junge von der Sparkassenstiftung in einer Vernissage ein Kaleidoskop von 340 Bildern bekannter Fotografen, die sich dem Weltstar Romy Schneider widmeten. Mehrere Generationen von Frauen haben sich mit der Schauspielerin Romy Schneider identifiziert: Für die Teenager der 1950er Jahre war sie ein Idol: als Sissi, letzte Kaiserin der Habsburger Monarchie, feierte sie in den Historienfilmen Ernst Marischkas Triumphe. Nach dem dritten Teil des Mehrteilers, auf den noch ein vierter folgen sollte, hatte sie genug: Sie ging mit Alain Delon, den sie beim Dreh zu Christine (1958) kennengelernt hatte, nach Paris, der geplante vierte Sissi-Teil wurde nie produziert. Nun identifizierten sich die nach Unabhängigkeit strebenden jungen Frauen der 1960er mit ihr, Romy wurde, gestylt von Coco Chanel, zur Französin, was man ihr in Deutschland und Osterreich übelnahm. Als die Beziehung zu Delon in die Brüche ging, kam sie zurück, drehte Filme in England, Frankreich, Italien und den USA und heiratete 1966 den Berliner Theaterregisseur Harry Meyen, ihr gemeinsamer Sohn David wurde im gleichen Jahr geboren. Romy Schneider zog sich ins Privatleben zurück. 1968 drehte sie mit Alain Delon La Piscine/Der Swimmingpool, einen Thriller, der die beiden Stars als das schönste Paar der Filmgeschichte etablierte. La Piscine markierte den Anfang von Schneiders französischer Karriere, die ihr sogar einen Cesar als beste französische Darstellerin einbrachte. Sie lebte nun in Frankreich, 1975 heiratete sie Daniel Biasini, 1977 wurde ihre Tochter Sarah geboren. Um diese Zeit galt sie als Inbegriff der selbstbestimmten, erwachsenen Frau; nun waren es auch die Männer, die für sie schwärmten. Romy Schneiders Privatleben war wenig glücklich und auch, weil es ihr nie gelang, es vom Beruf zu trennen, bezog ihr Publikum immer wieder ihre Filmrollen auf ihr Leben und umgekehrt. Der Suizid ihres ersten Mannes, der Unfalltod ihres Sohnes David, Liebesgeschichten und Trennungen - alles wurde von der Boulevardpresse ausgebreitet. Romy Schneider hielt das nicht aus, sie war zeitweise alkohol- und tablettenabhängig. Ihr Tod im Jahr 1982 war, wie Alain Delon einmal gesagt hat, „wahrscheinlich eine Erlösung". Die Fotografen: WERNER BOKELBERG ROGER FRITZ F. C. GUNDLACH HELGA KNEIDL ROBERT LEBECK ANNETTE LEDERER HERBERT LIST MAX SCHELER KURT WILL Fans und ihre Sammlungen Kaum ein deutscher Star hat so viele treue Fans wie Romy Schneider. Viele von ihnen sind weiblich, in den 1940er Jahren geboren, und Romy begleitete sie durch ihr ganzes Leben. Sie wollten über ihren Star alles wissen, und die Filmpublizistik der 1950er und 1960er Jahre ermutigte sie zum Sammeln: Unzählige Film- und Kinoprogramme, Starpostkarten mit oder ohne Autogramm verteilten die Verleihe ans Publikum, die Filmpresse wie Film und Frau und Filmrevue und die Boulevard-Magazine versorgten ihre Leserinnen mit Home Storys, Premierenberichterstattung und Reportagen von Festivals. Es entstanden Fanclubs und Tauschbörsen; die Fans legten Alben an, in die sie Artikel und Fotos zu ihrem Lieblingsstar einklebten, sammelten Kinotickets, Aushangfotos, Filmplakate. Begehrt waren Fanartikel aus anderen Ländern, denn Romy Schneider war nicht nur als Sissi weltberühmt, sondern auch noch einmal 20 Jahre später - als hippe, sexy französische Darstellerin, vor allem in den Filmen des Regisseurs Claude Sautet. Sammlungen sind für die Sammlerinnen selbst von unschätzbarem Wert; und im besten Fall dokumentieren sie populärkulturelle Trends. Inzwischen kommen Sammlungen verstärkt auf den Markt, weil die Besitzerinnen oder deren Erben sie nicht mehr unterbringen können. Nicht immer sind Museen und Archive glücklich über Sammlungsangebote, denn das Material ist häufig undatiert und -geordnet und eine historische Aufarbeitung deshalb schwierig. Aber dafür waren solche Sammlungen nie gedacht; tatsächlich haben sie in ihrer überbordenden Fülle Menschen zum Staunen gebracht - und tun es noch immer. Die äußerst sehenswerte Ausstellung ist noch bis zum 23.Juni geöffnet. Text/Fotos/Videos: Hajo Boldt und Carsten Junge mit Statements von: Carsten Junge Cordula Lehmbeck Siegfried Sander Peer-Olaf Richter Jürgen Joost

© Fotos: Hajo Boldt


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