Rückkehr in die Praxis
von Carlo Eggeling am 30.09.2025Aufmerksam, aber nicht aufgeregt blickt Lina Petsch auf die Innenstadt. Zehn Jahre durchlief die Beamtin verschiedene Funktionen von der Leitstelle bis zu Personalabteilungen, im Juni kehrte sie auf die Wache der Polizei zurück, als Chefin für den Einsatz- und Streifendienst. Ja, es gebe mehr "Problemfälle", ein anderer Konsum von Drogen führe zu mehr Auffälligkeiten, "aber ich kann nicht sagen, vor zehn Jahren, als ich im Streifendienst war, war alles anders". Gemeinsam mit der Führung habe die Polizei mit mehr Präsenz und stärkeren Kräften reagiert, auch in Zusammenarbeit mit Stadt und Sozialarbeit. Doch die Herausforderung bleibe: "Wir werden das nicht heilen, auch die diese Menschen sind ein Teil der Gesellschaft."
Polizeidirektor Oliver Suckow und die Polizeisprecher Kai Richter und Michel Koenemann begrüßten die 45-Jährige am Montagvormittag offiziell bei einem Pressetermin. Auf der Hude ist selbstverständlich klar, dass Polizei sich vor einer politischen Kulisse bewegt, selbst wenn die Beamten betonen, sie seien kein Teil der Politik. Das ist Rechtslage, das sagt schon das Grundgesetz. Doch wenn die lokale CDU Kameraüberwachung und Alkoholverbotszonen fordert, kommt die Polizei ins Spiel.
Suckow sagt, mit Verbotszonen habe man sich gemeinsam mit Stadt und Kreis im vergangenen Jahr beschäftigt. Die kurze Begründung für ein Nein: "Das geben die Zahlen nicht her." Es gebe "keine Hotspots", an denen die Kollegen etwa eine Konzentration von Messer feststellen. Das Einsatzgeschehen rund um den Sand gehe eher zurück. Gleichwohl habe die Polizei unter anderem die Drogen- und Dealerszene im Blick. Der Leiter Einsatz stellt auch klar, Straftaten zu verhindern oder aufzuklären, sei Sache der Polizei: "Obdachlosigkeit ist nicht unser Thema."
Mit Sozialarbeit und Stadt arbeite man zusammen, stehe im engen Austausch. So gebe die Streife Hinweise auf Falschparker, das Ordnungsamt weise auf Probleme in der Stadt hin. Auf die Frage, warum anders als in der Vergangenheit vor einer Bank in der Stadt sowie vor einem Supermarkt Sicherheitsdienste stehen, antwortet der Polizeidirektor, er sehe da nicht wirklich eine Veränderung: Früher kontrollierten Ladendetektive, die für mehrere Geschäfte arbeiteten, das erlebe ich heute seltener."
In Gesprächsrunden diskutiere man neben einer "Synchronisation der Maßnahmen", die Ursachen für den Wandel und das veränderte Sicherheitsgefühl zu finden und eben daran zu arbeiten. Ein Punkt sei sicherlich, dass der Bürger selber gefordert ist: Wenn der Nachbar zu laut sei, gehe man rüber und rede, heute rufe man sehr oft die Polizei.
Lina Petsch, auf deren Schulterstücken fünf silberne Sterne den Dienstgrad Erste Polizeihauptkommissarin anzeigen, ist die Frau für die Basis, sie koordiniert den Dienst für vier Abteilungen mit insgesamt weniger als 100 Beamten. Sie sieht Lüneburg gut aufgestellt, mehr Kollegen seien gut und schön, jedoch: "Wir sind ausreichend aufgestellt. Die Motivation ist hoch, alle wollen ihre Aufgabe gut erledigen." Manch einer springe ein, wenn es eine Lücke zu schließen gelte, weil jemand krank geworden sei. Das sei quasi die DNA der Polizei.
Einen reinen Schreibtischjob macht sie nicht, sie war Teil der Wache auf dem Oktoberfest, zu Terminen geht sie zu Fuß und in Uniform. Die Mutter zweier Söhne sagt, es sei gut, aus der Verwaltung in die Praxis zurückzukehren: "Ich bin Polizistin." Carlo Eggeling
Das Foto zeigt Lina Petsch und Oliver Suckow.
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