Sagenhaftes Überstundenkonto — nicht statthaft
von Carlo Eggeling am 12.07.2023Amelinghausen pflegte eine Besonderheit, die wohl einmalig in Deutschland sein dürfte: Der Stellvertreter des damaligen Samtgemeindedirektors Helmut Völker durfte zwischen 1994 bis 2016 rund 6700 Überstunden sammeln. Als es an die Abrechnung ging, war Völker nicht mehr im Amt und die Samtgemeinde weigerte sich, einen Ausgleich zu leisten. Im Rathaus war man inzwischen der Meinung: So eine Regelung sei mit dem Beamtenrecht nicht vereinbar. Der ehemalige Bauamtsleiter ging dagegen vor und erlitt vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg eine Niederlage. Das ergibt sich aus einer Entscheidung der 5. Kammer aus dem Juni, die gestern bekanntgemacht wurde. Die Richter haben eine Klage gegen die Samtgemeinde abgewiesen.
In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es: "Es fehle es an einer dienstlichen Anordnung oder Genehmigung der „Mehrarbeit“ in Form eines Verwaltungsaktes. In der bloßen Absprache mit dem damaligen Samtgemeindebürgermeister, wonach der Kläger die Stunden ansammeln und am Ende seiner Dienstzeit in Freizeit ausgleichen könne, liege eine solche Anordnung von Mehrarbeit nicht." In Kürze: Völker hätte so eine Absprache gar nicht treffen dürfen, schlicht weil das Beamtenrecht sie nicht hergibt.
In Amelinghausen bilanziert Samtgemeindebürgermeister Christoph Palesch: "Es ist ein rechtlicher Erfolg für uns. Die Rechtslage war schon vorher klar, deshalb haben wir als Samtgemeinde darauf bestanden, dass ein Urteil gesprochen wird." Allerdings sieht er auch das Los des ehemaligen Mitarbeiters: "Für ihn ist es eine bedauerliche Situation. Dass er die Stunden geleistet hat, steht außer Frage."
Palesch wundert, dass der inzwischen verstorbene Völker und sein Stellvertreter so eine Vereinbarung getroffen haben, weil beiden als Verwaltungsprofis klar gewesen sein müsste, dass so ein Weg beamtenrechtlich nicht gangbar ist. Es hätte eben einer Anordnung bedurft, die nicht vorliege. Das ist auch in der Pressemitteilung nachzulesen.
Es gebe zwei weitere Mitarbeiter, die ebenfalls langfristig angelegte Arbeitszeitkonten besitzen. Die Kollegen haben jeweils Hunderte Stunden angesammelt. Die beiden sind allerdings Angestellte und bei denen gilt eine andere Rechtsgrundlage. Sie sollen die Stunden abbauen.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, der ehemalige Mitarbeiter kann dagegen einen "Antrag auf Zulassung der Berufung beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht stellen", teilt das Verwaltungsgericht mit. Carlo Eggeling
Die Fotos zeigen Amelinghausen und den heutigen Samtgemeindebürgermeister Christoph Palesch.
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