Lüneburg, am Sonntag den 26.10.2025

Schilder, die was bringen

von Carlo Eggeling am 26.10.2025


Meine Woche
Der Geist ist willig, das Schild ist schwach

Die Idee leuchtet großartig -- wessen Geist blitzte bloß derart? Sechs Schilder sollen künftig Besucher willkommen heißen, teilt die Stadt mit: "City und Parkplätze bleiben erreichbar -- auch mit Baustellen". Das wirkt stärker als jeder Magnet. Verkehrsdezernent Markus Moßmann war der brillante Kopf, erfährt der geneigte Leser in einer Pressemitteilung des Rathauses. Das Stadtmarketing habe den epochalen Ansatz umgesetzt. Als besonderes Bonbon dürfe der Kunde eine Stunde lang umsonst ein Parkhaus ansteuern.

Die Baustellen wirken seit Monaten wie ein Hindernisparcours, das monieren Geschäftsleute seitdem. Die Blockaden würden Kunden abschrecken. Es wäre sicher überhastet gewesen, eine Kampagne starten zu lassen, bevor die Bagger baggern. Eine gute Idee braucht eben etwas.

Die Marketinggesellschaft LMG sollte Stellwände und Co entwickeln. Nun kommen sechs Tafeln. Findet man in der Mitteilung des Rathauses richtig gut. Die Entwürfe, so soll es LMG-Chefin Gitte Lansmann in vertraulicher Runde verraten haben, lägen seit Wochen im Rathaus. Wie auch immer, jetzt haben die Nicht-so-schlimm-Baustellen-Schilder das Licht der Welt erblickt. Was für eine Geburt.

Hinter dem Schilda-Streich könnte sich ein Politikum verbergen. Lüneburgs auflagenstärkstes Mitteilungsblatt, die Lünepost, geht der Ideengeschichte nach. Die Einzelhandelsorganisation LCM reklamiere die Vaterschaft nämlich für sich. Scheint man im Rathaus vielleicht vergessen zu haben. Kann passieren.

Jedenfalls steht von der LCM ungewöhnlichweise nichts in der Veröffentlichung der Stadt, obwohl es ja darum geht, dass Geschäfte zu erreichen sind. Im Artikel findet sich ein ungeheuerlicher Verdacht, den die LCM benennt: Will die Oberbürgermeisterin durch Weglassen ihrem möglichen Widersacher, dem LCM-Vorsitzenden Heiko Meyer, keine Bühne bieten? Schließlich gilt er als möglicher OB-Kandidat. In einem Jahr steht die Kommunalwahl an.

Für einen Skandal muss man weiterdenken. Statt des eigentlich betroffenen Einzelhandels lässt die Mitteilung der Stadt IHK-Chef Michael Zeinert zu Wort kommen. Die Kammer ist eigentlich für Grundsätzliches zuständig. Ansonsten kritisiert die Kammer gern, jetzt ist der Schilder-Ansatz eine gelungene Zusammenarbeit für die Erreichbarkeit von Handel und Gastronomie. Keine Klage über eine schlechte Koordination, an jeder Ecke gleichzeitig über Monate und Jahre bauen zu lassen.

Jetzt kommt’s. Die Baustellen an der Soltauer, Bleckeder und Dahlenburger Landstraße sowie an der Ostumgehung, dazu die Bauprojekte von Sparkasse und IHK seien gar nicht schlimm: "Sanierungsmaßnahmen sind richtig und wichtig, um unsere Infrastruktur in einem guten und leistungsfähigen Zustand zu erhalten.“

Jetzt müsste ein Geistesblitz her. Oder besser nicht. Denn so stellt niemand die Frage, ob Zeinerts Lob nicht als Wahlkampfhilfe für Claudia Kalisch gewertet werden könnte. Das wäre ungeheuerlich. So eine Idee selbstverständlich.

Geht gar nicht. Bleiben wir positiv. Die Verwaltung packt an, egal, welche Ideen irgendwer hat oder nicht. Und was gegen das Klagelied des Kaufmanns hilft, sinkende Umsätze, erklärt uns die Lünepost dankenswerterweise uneigennützig. LCM-Mit-Vorstand Cornelius Schnabel kommt in der Zeitung zu Wort, er mache in LZ und Lünepost "so viel Werbung wie noch nie". Das lohnt sich doch. Für alle.

Ich sehe schon die nächsten Schilder am Stadteingang, Lüneburg ein Himmel voller Geistesblitze. Was meinen Sie, wie das alle elektrisiert?

Gute Ideen fürs Wochenende, Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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