Lüneburg, am Montag den 08.12.2025

Sicher oder mit Sicherheit gemein

von Carlo Eggeling am 23.10.2025


Aufgespießt
Üble Gesänge

Lüneburgs Freilichtmuseum ist schön anzuschauen, nachdem die Stadt die Autos verbannt hat. Das Kopfsteinpflaster kommt zur Geltung. Museum? Die Altstadt natürlich, das Leben pulsiert dort wie kurz nach Mitternacht auf dem Zentralfriedhof, kaum noch Geschäfte. Es sei denn, man nimmt Ferienwohnungen als Gewerbe. Die findet der Flaneur gefühlt in jedem dritten Haus. Lüneburgs Heilsbringer, die Touristen, drücken sich die Nasen platt, wenn sie Eingeborene durch Fenster in den Backstein-Schönheiten erspähen.

Aus Sicherheitsgründen, so teilte es das Rathaus mit, wurden Parkplätze am Straßenrand abgeschafft. Sehr schön. Sehr schön auch, dass jemand aus der Stadtverwaltung Auf der Altstadt vor die eigene Haustür treten konnte, um das hinreißend persönlich gestaltete Erfolgs-Selfie via Pressestelle ins Netz zu stellen, ungemein naheliegend. Also räumlich. Anwohner scherzen, dass der Chauffeur eben jenes Selfie-Sterns eigentlich nicht mehr vor eben jenem Haus halten darf, um Ein- und Ausstieg zu ermöglichen. Das ist selbstverständlich der Gesang von Übelkrähen, wie auch das nächste Schandlied.

Das geht so: Piloten PS-starker Fahrzeuge sollen angeblich den hindernisfreien Parcours widerrechtlich nutzen. Sie brausen, Scheiß auf die Einbahnstraße, von der Michaeliskirche in Richtung Vierorten, um zu ihren Lieblingsbars zu kommen. Da erleben Nachbarn, so der gemeine Gesang, die überholte Ideologie des ADAC-Slogans aus den 1970er Jahren: Freie Fahrt für freie Bürger. Völlig aus der Zeit gefallen. Geht gar nicht. Also solche gemeinen Gerüchte. carlo

© Fotos: ca


Kommentare Kommentare

Kommentar von Ulf Neumann
am 24.10.2025 um 07:22:51 Uhr
Toll ist auch, dass jetzt selbst Radfahrer-von der Michaeliskirche in Richtung Vierorten- die Straße nicht mehr benutzen dürfen, da die Durchfahrt per beidseitig aufgestellten VZ 267 (Verbot der Einfahrt) nicht erlaubt ist. Zusatzzeichen z.B.("Fahrradfahrer frei"), die Ausnahmen vom Durchfahrtsverbot zulassen würden, wurden nicht angebracht! Schöne, grün dominierte Radfahrerwelt!
Kommentar von Erwin Habisch
am 24.10.2025 um 10:51:59 Uhr
Freilichtmuseum trifft es nicht. Das Pflaster hat eher etwas von Disneyland: So tun als ob. Es passt historisch nicht zur frühneuzeitlichen Architektur, mit der die Stadt Touristen lockt. Das Quaderpflaster wurde erst in den 1860er-Jahren erfunden.
Die Stadt hat die Autos auf der Straße Auf der Altstadt verbannt, weil sonst kein Löschfahrzeug der Feuerwehr dort durchkäme. Zu kritisieren wäre hier allenfalls, dass man das erst jetzt gemerkt hat.
Piloten PS-starker Fahrzeuge fahren auch verkehrt herum durch die Salzstraße. Ich habe das schon einmal erlebt, als ich dort in der richtigen Richtung mit dem Fahrrad unterwegs war. Der Supermann am Steuer wich routiniert auf den Radweg auf der Ostseite aus, auf dem zum Glück gerade niemand mit dem Fahrrad unterwegs war. Die Salzstraße wird auch in der "richtigen" Richtung vorwiegend dann mit Kfz Durchfahren, wenn es verboten ist. Gegen solche Rüpel helfen nur unüberwindliche Sperren ... und die sind in diesem Bereich auch schon in Planung.


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