Stadtrat wählt neuen „Finanzminister“
von Carlo Eggeling am 29.06.2023
Matthias Rink heißt der neue Lüneburger Kämmerer. Der Rat hat den Diplom-Verwaltungsfachwirt gerade mit großer Mehrheit gewählt, 40 Ratsmitglieder waren anwesend, 37 hoben die Hand für ihn, es gab zwei Nein-Stimmen und eine Enthaltung. Damit geht eine lange Suche zu Ende. Rinks Vorgängerin Gabriele Lukoschek war Ende Januar in den Ruhestand gegangen. Er tritt sein Amt zum 1. September an. Aktuell arbeitet er als Dezernent für Service, Finanzen und Sicherheit beim Landkreis Oberhavel in Brandenburg.
Der 52-Jährige hatte sich am Dienstag im Verwaltungsausschuss, sowie in Fraktionen vorgestellt. Mehrere Redner halten Rink für einen kompetenten Mann, der das Finanzressort in schweren Zeiten übernimmt. Der Etat leuchtet mit einem Minus von rund 40 Millionen Euro tief rot, dazu verlassen zwei kompetente Führungskräfte das Rathaus und treten neue Stellen an.
Rink entwarf ein selbstbewusstes Bild seiner selbst: Verwaltungsfachmann zunächst 15 Jahre lang beim Berliner Senat, dann seit 2015 zunächst Sozial- und Verkehrsdezernent beim brandenburgischen Landkreis Oberhavel, seit 2019 ist er Kämmerer und für die innere Verwaltung zuständig, der zu managende Etat umfasse 500 Millionen Euro, er sei der Chef von 270 Mitarbeitern. Zeitweilig habe er für die CDU in der Stadtverordnetenversammlung gesessen, er kenne also Verwaltung und Politik von allen Seiten.
Lüneburg sei eine Herausforderung, die er gerne annehme. Er sei zielstrebig, könne motivieren, arbeite "unglaublich gern" im Team. Seine Schwäche: Er sei nicht "auf der Diplomatenschule" gewesen. Das klang in der Betonung eher als Stärke. In Lüneburg wolle er das "strukturelle Defizit" im Etat auflösen.
Kritik gab es von der SPD, nicht an Rink, dessen Wahl man unterstütze, sondern am Vorgehen der Oberbürgermeisterin. Die habe mehrere Anläufe gebraucht, um die Stelle zu besetzen, sagte Andrea Schröder-Ehlers. Die OBin habe eine "closed-Shop-Veranstaltung" aus der Suche gemacht mit der Begründung, Kandidaten seien in der Vergangenheit abgesprungen, weil ihre Namen zuvor in der Presse, gemeint war Lüneburg aktuell, gestanden hätten. Dass Berichterstattung davon abhalte, sich in Lüneburg zu bewerben, sei eine Argumentation, die "an den Haaren herbeigezogen ist". Zudem sei das Verfahren intransparent, man wisse nicht, ob sich nicht auch qualifizierte Frauen beworben hätten.
Zur Erklärung: Das Sozialdezernat wurde nach dem Wechsel von Pia Steinrücke nach Lübeck mit dem Grünen Florian Forster besetzt, mit Rink folgt ein Mann auf Garbiele Lukoschek. Das widerspricht eigentlich dem auch grünen Ansatz, Stichwort Frauenquote, mehr Spitzenpositionen weiblich zu vergeben.
Erwartungsgemäß sprang der Grüne Fraktionschef Ulrich Blanck seiner Parteifreundin Claudia Kalisch bei. Die habe das Vorschlagsrecht, die Kommunalverfassung sage, sie müsse einen Kandidaten präsentieren. Das habe sie getan. Frank Soldan sagte für die FDP, wer sich bewerbe müsse geschützt werden, da er sonst Schwierigkeiten bei seinem Noch-Arbeitgeber bekommen könnte. CDU-Mann Wolfgang Goralczyk fand das Verfahren "unorthodox", doch man möge nach vorne schauen. Die Linke Marianne Esders empfand es als irritierend, dass es nur einen Kandidaten gebe, was sei das für eine Wahl? Zudem -- da gab es eine Menge Unmut -- dann ein älterer weißer Mann angeboten werde.
Claudia Kalisch fand, sie habe nicht anders handeln können, weil es in der Politik an Vertraulichkeit gemangelt habe. Nun habe sie einen wunderbaren Finanzfachmann an ihrer Seite, es sei so, als ob die Stellenausschreibung direkt für ihn gemacht worden sei.
Was sie nicht erwähnte, aber ansatzweise sogar in der Ratsvorlage stand, war, dass es der dritte Anlauf war die Stelle mithilfe einer Personalagentur zu besetzen. Drei Anläufe klingt nicht einem guten Job. Frau Kalisch hatte schon einmal geglaubt, einen sicheren Aspiranten zu haben, der sprang aber wieder ab. Laut Vorlage gab es insgesamt 31 Bewerber. Bei drei Anläufen scheint das nicht gerade viel. Am Gehalt dürfte es wohl nicht liegen. Die Stelle ist mit B4 vergütet, das entspricht monatlich 9 177,73 Euro, dazu kommt eine "Dienstaufwandsentschädigung" in Höhe von 186 Euro. Carlo Eggeling
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Claudia Kalisch gratuliert dem designierten Kämmerer Matthias Rink zu seiner Wahl.
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