Statt Stadtteilzentrum ein paar Büros — kleines Angebot für Kaltenmoor
von Carlo Eggeling am 18.06.2024
Um die "Anmietung von Räumlichkeiten im ökum. Gemeindezentrum St. Stephanus für Stadtteilarbeit sowie Verzicht auf Fördermittel zum Neubau eines Stadtteilhauses" geht es heute Nachmittag bei der Sitzung des nichtöffentlich tagenden Verwaltungsausschusses. Der kleine Rat bereitet vor, was zwei Tage später im Rat diskutiert werden soll. Dieser Punkt bedeutet einen Abschied von einem Sozialkonzept für Lüneburgs größten Stadtteil. Denn eigentlich hatten Politik und Verwaltung in Kaltenmoor ganz anders agieren wollen. Die neue Linie aus dem Sozialressort des Rathauses setzt sich über einen Ratsbeschluss hinweg, der im Dezember 2018 gefasst wurde -- ohne, dass der Rat und damit die Vertretung der Bürger, den alten Beschluss aufgehoben hätte. Das bestätigt die Pressestelle des Rathauses auf Nachfrage.
Die SPD im Rat nimmt den Kurswechsel zum Anlass für einen Antrag, der die Stadt wieder auf die alte Linie einschwören will. Allerdings kommen die Sozialdemokraten damit spät aus der Reserve, denn die Pläne verfolgt die Verwaltung schon länger, sie waren laut Stadt bereits im nichtöffentlich im Sozial- und im Bauausschuss vorgestellt. Dort gab es jeweils mehrheitliche Zustimmung. Aber keinen Aufschrei.
Eigentlich wollte die Stadt die ehemalige Awo-Kita zu einem Stadtteilhaus umbauen. Dafür hatte die Stadt Fördermittel eingeworben und bewilligt bekommen. Jetzt sollen zwei leerstehende Wohnungen im kirchlichen Gemeindezentrum zum "Zentrum" werden. Dass die Stadt die Kirche nutzen will erstaunt in mehrfacher Hinsicht: Zum einen leben im Stadtteil viele Menschen, die sich anderen Religionen nahe fühlen, warum daher kein neutraler Ort? Wie kann es sein, dass die Stadt, deren Rat erneut beschließen will, dass kein Wohnraum in Gewerberaum und Büros umgewandelt wird, diese Vorgabe für sich selbst außer Kraft setzen?
Lüneburg aktuell hat über die Pläne berichtet, hat erneut Anfragen für Interviewtermine mit Sozialdezernent Florian Forster sowie mit Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch gestellt und gebeten, dass diese ihr Sozialraumkonzept vorstellen mögen. Diese Anfragen wurden abgelehnt beziehungsweise in weiteren Anläufen gar nicht erst beantwortet. Das erstaunt, da die Oberbürgermeisterin in der vergangenen Ratssitzung Lüneburg aktuell und dem Kollegen von LGheute, beide im Netz aktiv, vorgeworfen hat, nicht das Gespräch zu suchen. Carlo Eggeling
Die SPD greift das Thema nun auf. Ihr Pressetext:
Stadtteilhaus Kaltenmoor endlich bauen!
Die SPD-Fraktion im Lüneburger Stadtrat fordert deneinstimmig getroffenen Ratsbeschluss vom 06. Dezember 2018 ernst zu nehmen und ein ausreichend großes und den Ansprüchen gerechtes Stadtteilhaus in Kaltenmoor zu bauen. Der Vorschlag der Stadt, Räume im St. Stephanus Zentrum primär für Verwaltungszwecke anzumieten, werde weder dem Ratsbeschluss noch den Menschen und Bedürfnissen in Kaltenmoor gerecht.
Dies bringt die SPD im Lüneburger Stadtrat nun in einem entsprechenden Antrag mit den folgenden Forderungen ein:
• Das Stadtteilhaus wird - wie vom Rat einstimmig beschlossen - am Standort der ehemaligen AWO Kita errichtet.
• Das Gebäude wird bedarfsgerecht saniert und umgebaut, um den ökologischen Vorteil der “grauen Energie” zu nutzen.
• Das Vorhaben wird mit den bereits zugesagten Fördermitteln aus einem Bundesprogramm in Höhe von 1,15 Mio. Euro realisiert, weitere Mittel werden eingestellt und ergänzende Förderprogramme geprüft.
“Kaltenmoor ist mit über 10.000 Einwohner:innen der bevölkerungsreichste und vielfältigste Stadtteil Lüneburgs. Das Miteinander der unterschiedlichen Nationalitäten, die kulturelle und religiöse Vielfalt, aber auch eine schwierig bleibende soziale und ökonomische Situation
spiegeln sich in allen Lebensbereichen der Menschen und in der Verschiedenartigkeit ihrer Interessenlagen wider", betont Co-Fraktionsvorsitzender Uwe Nehring, der selbst in Kaltenmoor viele Jahre als Quartiermanager tätig war.
Der von der Verwaltung und Oberbürgermeisterin Kalisch vorgeschlagene Entwurf werde dieser Realität in keinster Weise gerecht: die Anmietung der Räume im St. Stephanus Zentrum ist schlichtweg zu klein. Zudem soll dort laut Verwaltung überwiegend Platz für Beratungsbüros entstehen. “Wir wollen kein zweites Behördenzentrum, sondern ein Stadtteilhaus, das seinem Namen gerecht wird: mit Begegnungsstätten, umfangreichen Möglichkeiten des Austauschs miteinander und somit einer Förderung der lebhaften und so vielfältigen Realität vor Ort!”, so Hiltrud Lotze, Co-Vorsitzende der Fraktion.
Vor diesem Hintergrund stellt sich der SPD auch eine weitere Frage: In Oedeme, für knapp die Hälfte an Menschen im Stadtteil, ist ein neues, umfangreiches Stadtteilhaus mit einem Veranstaltungssaal von über 180 m2 gebaut worden. Verdienen es dann die Menschen in Kaltenmoor nicht erst Recht auch, ein angemessenes Stadtteilhaus zu erhalten? Insbesondere dann, wenn bereits 2018 ein entsprechender, einstimmiger Beschluss gefasst worden ist und eine Bundesförderung bereitsteht?
Für die SPD-Fraktion steht in diesem Zusammenhang klar und deutlich fest: “Wir fordern, dass der Ratsbeschluss aus 2018 endlich umgesetzt wird und die Bundesmittel von über 1,15 Mio. Euro nicht verschenkt werden!, so Co-Fraktionsvorsitzender Uwe Nehring.
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