Lüneburg, am Mittwoch den 14.05.2025

Stehen gelassen

von Carlo Eggeling am 26.09.2024


Sie fühlen sich wieder ausgegrenzt: Menschen mit Behinderungen haben es schwer, wenn sie mit der Bahn reisen wollen. Über Monate fiel am Bahnhof ein Fahrstuhl wegen Bauarbeiten aus. Nun stehen die nächsten Arbeiten an. Aus Sicht des Lüneburger Behindertenbeirats bietet die Bahn nur eine unzureichende Alternative und keinen nötigen Ersatzfahrstuhl an. Wieder soll soll der Aufzug über Monate nicht zu nutzen sein.
Die stellvertretende Vorsitzende, Miriam Ihnen, hat einen Appell verfasst, um Mitstreiter zu finden und die Bahn zum Handel zu bewegen. Mehrere Organisationen sowie die Verwaltungsspitzen von Stadt und Kreis schließen sich der Protestnote an.

Der Behindertenbeirat der Stadt schreibt:

Wie Sie sicherlich bereits wissen, plant die Deutsche Bahn den Austausch des Fahrstuhls zu den Gleisen 2 und 3 ab 07. Oktober ‘24 mit einer Bauzeit von voraussichtlich sechs Monaten. Die Gleise werden in dieser Zeit ausschließlich über die vorhandene Treppe erreichbar sein.



Die Bahn hat ohne Absprache mit Betroffenenverbänden einen Shuttle-Service eingerichtet, der zum Beispiel bei einer Reise von Uelzen nach Lüneburg (Ankunft Gleis 3) ab Bienenbüttel fährt. Das Shuttle ist ausschließlich für rollstuhlnutzende Fahrgäste vorgesehen mit maximal einer Begleitperson. Ist eine Mitnahme im Shuttle nicht möglich (wie z.B. bei einem Elternteil mit zwei Kindern, von denen eines im Rollstuhl sitzt), sollen die Fahrgäste laut Auskunft der Bahn eine Station weiter fahren. In dem Beispiel-Fall bis Winsen, um dort auszusteigen und in Gegenrichtung zurück nach Lüneburg zu fahren. Dafür ist ein Gleiswechsel nötig, der aufgrund eines häufig defekten Fahrstuhls an Gleis 4 nicht immer möglich ist und die Fahrtzeit verlängert sich – falls die Züge planmäßig fahren – um 60 Minuten.



Fahrgäste mit Mobilitätseinschränkung – etwa Nutzer*innen von Rollatoren oder sehbehinderte Menschen – können eine Hilfeleistung am Bahnhof durch die MSZ beantragen und werden dann begleitet. Voraussetzung ist eine Anmeldung bei der 3S-Zentrale spätestens am Vorabend und das Vorhandensein von genug Personal. Für das Shuttle ist eine Anmeldung mindestens 48 Stunden vorher notwendig.



Alle Menschen, die nicht trittsicher sind, große Koffer oder Kinderwägen sowie Fahrräder dabei haben oder aus psychischen Gründen im Gedränge keine Treppe nutzen können, bleiben sich selbst überlassen.



Der Beirat für Menschen mit Behinderungen empfindet die Maßnahmen, die die DB ergreifen möchte als nicht ausreichend, es droht für viele Menschen eine Diskriminierung.



Uns drängt sich erneut der Eindruck auf, dass Menschen mit Mobilitätseinschränkungen bei der Deutschen Bahn geringgeschätzt werden. Das zeigt sich allein darin, dass die DB nicht mit uns kommuniziert. Wir hatten im April einen ersten Brief geschrieben, auf den nach Ablauf der durch uns gesetzten Frist eine unbefriedigende Antwort von Frau Plambeck kam. Diese Antwort hatte in großen Teilen denselben Wortlaut wie ein Schreiben der DB an die Stadt Lüneburg, die ebenfalls um Stellungnahme zum Fahrstuhlaustausch gebeten hatte und war nicht lösungsorientiert.



Eine Einladung zum Ortstermin, die wir daraufhin schriftlich ausgesprochen haben, wurde durch die DB gänzlich ignoriert. Es gab die Behauptung gegenüber MdL Philipp Meyn, dass eine Absage des Termins per Anrufbeantworter-Nachricht erfolgt sei. Das können wir nicht bestätigen.



Ebenso gab es die Ankündigung durch die DB, den Beirat bezüglich eines neuen Termins zu kontaktieren, da dem Unternehmen der Austausch wichtig sei. Auch das ist bis heute nicht geschehen. Es gab überhaupt keine Kontaktaufnahme durch die DB mit uns.



Wir empfinden dieses Verhalten als Affront. Dennoch sind wir bereit, uns mit den Zuständigen an einen Tisch zu setzen, um eine diskriminierungsarme Lösung zu erarbeiten. Immerhin fällt die Bauzeit auch in die Vorweihnachtszeit und es folgt im kommenden Jahr mit wenigen Wochen Pause die Erneuerung des Aufzugs an Gleis 4/5, wo dasselbe Erreichbarkeitsproblem besteht.



Der Beirat für Menschen mit Behinderung richtet daher einen Appell an die Deutsche Bahn, eine tragfähige, diskriminierungsfreie Lösung zu erarbeiten. Dazu sehen wir momentan ausschließlich die Einrichtung eines provisorischen Fahrstuhls geeignet, wie sie zum Beispiel in Bonn-Beuel vorgenommen wurde (durch die Firma RECO), da Zugumleitungen auf barrierefrei erreichbare Gleise durch die DB kategorisch ausgeschlossen wurden.



Wie wichtig und richtig unser Appell ist, zeigt sich in dem breiten Feld an Mitzeichnenden, die unseren Brief an die DB unterstützen.

Darunter u.a. ranghohe Politiker*innen aus Stadt, Landkreis und Land, diverse Betroffenenverbände, Vereine, Interessengemeinschaften und auch Einzelpersonen.



Der Brief an die DB wird am Freitag, 27. September, durch uns versendet. Wir stellen Ihnen gerne im Voraus den Wortlaut und die Liste der Unterzeichnenden zur Verfügung. ca


© Fotos: ca


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