Stellungnahme des Kreisverbands Die Linke Lüneburg zur Haushaltssperre in der Hansestadt Lüneb
von Die Linke am 10.07.2025Wir als Die Linke Lüneburg treten dafür ein, dass die soziale, ökologische und demokratische
Handlungsfähigkeit unserer Stadt nicht unter dem Druck einer verfehlten Landes- und
Bundespolitik geopfert wird. Die aktuell von Oberbürgermeisterin Kalisch angeordneten
Maßnahmen laufen Gefahr, langfristigen Schaden anzurichten – bei der öffentlichen
Infrastruktur, bei den Beschäftigten, bei den Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind.
Wir fordern daher eine sozial gerechte Neuausrichtung der Haushaltspolitik in Lüneburg – gestützt auf Solidarität, Investitionswillen und demokratische Teilhabe.
1. Strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen überwinden
Die aktuelle Haushaltssperre in Lüneburg ist kein hausgemachtes Einzelproblem, sondern ein
weiteres Beispiel für die tiefgreifende strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen in Niedersachsen. Die Hansestadt Lüneburg sieht sich – wie viele andere Städte – mit einem
stetig wachsenden Aufgabenberg konfrontiert, ohne dass Bund oder Land eine auskömmliche Finanzierung bereitstellen. Sozialleistungen,Bildungsinfrastruktur,
Klimaanpassung, Digitalisierung, Personalbindung – all das wird zunehmend auf die kommunale Ebene verlagert, aber nicht angemessen finanziert.
Dass Lüneburg aktuell rund 200 Millionen Euro Schulden angehäuft hat, ist nicht das Ergebnis
übertriebener Ausgaben, sondern das Resultat unzureichender Einnahmen, wachsender Pflichten und fehlender Rückendeckung durch die übergeordneten Ebenen. Eine sinnvolle Planung ist unter diesen Bedingungen kaum möglich.
Unsere Forderungen:
• Neuausrichtung des kommunalen Finanzausgleichs: Die Finanzierung kommunaler Aufgaben muss bedarfsgerecht, dynamisch und sozial ausgerichtet werden.
• Abschaffung bzw. Aussetzung der Schuldenbremse für kommunale Investitionen –
soziale und ökologische Zukunftsinvestitionen dürfen nicht ausgebremst werden.
• Einführung einer landesweiten Vermögensabgabe oder progressiven
Gewerbesteuerreform, um große Vermögen und Konzerne angemessen an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben zu beteiligen.
2. Investieren statt kaputtsparen – Soziale Infrastruktur sichern
Die Haushaltssperre blockiert nicht nur einzelne Projekte – sie ist ein Angriff auf das Fundament städtischer Entwicklung. Insbesondere der Stopp freiwilliger Leistungen und
Investitionen in sozialen Bereichen hat langfristig verheerende Auswirkungen.
Kürzungen im Bereich der Wohnungslosenhilfe,Jugendsozialarbeit, Schuldnerberatung oder
psychosozialen Betreuung bedeuten nicht nur eine soziale Verarmung – sie führen zu mittelfristig steigenden Kosten: Krankenhausaufenthalte, Justizkosten, Erwerbsunfähigkeit,
Transferleistungen. Prävention wird durch Reaktion ersetzt – und das ist nicht nur unsozial, sondern auch ökonomisch irrational.
Unsere Forderungen:
• Die Stadt Lüneburg muss einen sozialen Schutzschirm für freiwillige soziale Leistungen einrichten – diese dürfen nicht im Rahmen der Haushaltssperre angetastet werden.
• Der Stadtrat sollte mit Rückendeckung der Landesregierung ein Sonderinvestitionsprogramm für soziale Infrastruktur auflegen – insbesondere in den
Bereichen Wohnen, psychosoziale Versorgung, Frauenschutz und Schulsozialarbeit.
• Mittel- bis langfristig braucht es einen verbindlichen Sozialfolgencheck für
Haushaltsentscheidungen: Was kurzfristig „gespart“ wird, muss auf seine gesellschaftlichen und finanziellen Folgekosten überprüft werden.
3. Einstellungsstopp beenden – Personal sichern, Daseinsvorsorge stärken
Die Anordnung eines allgemeinen Einstellungsstopps durch Verwaltung und Stadtrat ist ein besonders folgenschwerer Bestandteil der Haushaltssperre. Sie führt zu einer gefährlichen Arbeitsverdichtung in zentralen Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge: im Jugendamt,
im Sozialdienst, in Kitas, Schulen und der Verwaltung.
Gerade in Zeiten wachsender sozialer Spannungen braucht es stabile und gut ausgestattete kommunale Strukturen. Der Fachkräftemangel wird sich durch Einstellungsstopps nicht beheben, sondern verschärfen. Die Folge ist ein schleichender Funktionsverlust des öffentlichen Sektors – mit gravierenden Auswirkungen für alle Bürgerinnen und Bürger.
Unsere Forderungen:
• Der Einstellungsstopp muss umgehend differenziert werden: Systemrelevante Stellen
in Soziales, Bildung und Verwaltung sind davon auszunehmen.
• Die Stadt muss einen verbindlichen Plan zur Fachkräftegewinnung und -bindung entwickeln – insbesondere für den sozialen Bereich.
• Über den Personalrat und die Gewerkschaften hinaus müssen auch die Beschäftigten selbst in die Diskussion einbezogen werden – denn sie tragen die Hauptlast dieser
Entscheidung.
4. Demokratische Beteiligung – gemeinsam statt über Köpfe hinweg
Die aktuelle Krise darf nicht zur Entpolitisierung kommunaler Entwicklung führen. Die Menschen in Lüneburg haben das Recht, über ihre Stadt mitzuentscheiden – gerade in Zeiten knapper Kassen. Entscheidungen über Kürzungen, Priorisierungen oder strukturelle
Weichenstellungen müssen transparent, partizipativ und gerecht getroffen werden.
Obwohl die Haushaltssperre formal eine Verwaltungsentscheidung ist, darf sie nicht ohne die
demokratische Öffentlichkeit diskutiert und verhandelt werden. Eine Politik, die in der Krise
nur intern agiert, riskiert demokratische Entfremdung – und öffnet das Feld für populistische
oder resignative Haltungen.
Unsere Forderungen:
• Einrichtung eines Runden Tisches zur Haushaltsentwicklung, an dem Vertreter*innen aus Verwaltung, Politik, Gewerkschaften, Sozialverbänden, Umweltinitiativen und Bürgerforen beteiligt sind.
• Start eines offenen Beteiligungsprozesses („Bürgerhaushalt light“), in dem Menschen Vorschläge zur Priorisierung und Einsparung einbringen können – online und vor Ort.
• Die Einführung eines kommunalen Beteiligungsbeirats zur strukturellen Begleitung zukünftiger Haushaltsentscheidungen.
Kommentare
Zu diesem Artikel wurden bisher keine Kommentare abgegeben.