Sylt — ein Tagesausflug in Lüneburg
von Carlo Eggeling am 17.02.2025Im Frühjahr 2023 zeigte die Kulturbäckerei die Arbeiten eines der besten deutschen Fotografen, der Gesellschaft und Politik in seinen Bildern poetisch, spöttisch, liebevoll und dokumentarisch scharf einfing: Robert Lehbeck. Eine Serie zeigte Sylt 1962. Promis sind schon da, Lehbeck hat einen anderen Fokus, er besucht Partys, die Nackten am FKK-Strand, zeigt einen Pudel in einem Cabrio -- man ahnt, der Hund gehört gehört eher einer Reichen und Schönen. Nun präsentiert die Kulturbäckerei wieder Sylt, eine ganze Ausstellung zur deutschen "Sehnsuchtsinsel".
Ein Mann mit dem ungewohnt klingenden Namen Bleicke Bleicken hat das schmale Etwas an der Nordsee fotografiert, von Mitte der 1920er bis in die 1950er Jahre reichen seine Bilder im Rollei-Mittelbild-Format. Ein Leben in Schwarz-weiß, Bauern, die Reet schneiden für die Dächer kuscheliger Häuser, Badeleben, eine Lokomotive mit einem Zug, die über den Hindenburg-Damm in den Bahnhof dampft. Bilder aus Sand, Strandhafer, Licht und Schatten, die Wind und Wellen malen, die scheinbar den Geruch von Salz und Nordsee hauchen. Bleicken, lange verstorben, war Lehrer, Fotograf, Insel-Chronist, Bürgermeister von Kampen, ganz offensichtlich ein zärtlicher Liebhaber seiner Insel, der hier und da ein Augenzwinkern gönnt, deren Schwielen von Arbeit er einfängt, der ihre Leichtgkeit schweben lässt. Es ist die Welt, die man heute suchen muss, wenn man sie denn findet. Die Sehnsucht hat so viele angezogen, dass sie den Blick verstellen, den sie suchen.
Die Zwischenwelt, die von Verleger Axel Springer, dem mächtigen Konzernlenker Berthold Beitz und dem Playboy Gunter Sachs in den 1960er und 70er Jahren Sylt durchs Land schlagzeilten, fehlt. Sie waren nicht die Ersten "Promis", Emil Nolde und Hermann Hesse, Marlene Dietrich und Stefan Zweig kamen bereits in den 1920er Jahren. Maler, Schriftsteller, Schauspieler liebten "ihr" Sylt.
Vielleicht kann das noch ein Thema für die Kulturbäcker um Carsten Junge und seine Kollegen von der Sparkassen-Stiftung sein, die dem Lüneburger Kulturleben eben so viel Kultur schenken, die viele in der Stadt wohl wenig zu schätzen scheinen und vielleicht damit auch das Signal überhören, welches das Haus an der Dorette-von Stern-Straße weit über die Stadt hinaus sendet -- Gäste kommen nicht nur aus dem nahen Hamburg, sondern aus Deutschland und darüber hinaus. Kultur zahlt sich aus, so und so.
Ein Nachmittag Sylt. Ohne lange Anfahrt. Unbedingt.
Die Ausstellung ist bis zum 13. April zu sehen. Carlo Eggeling
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