Szene-Gänger, LSK-Fan, Zeitungsmann — er ist jetzt im Alter v
von Carlo Eggeling am 17.01.2024Einer, der ihn gut kennt, findet: „Gerald war ein Mensch der Extreme.“ Er konnte zugewandt, freundlich, begeistert und hinreißend komisch sein. Die andere Seite waren enttäuschte Freundschaften, geplatzte Geschäfte, wütende Auftritte. Jetzt ist Gerald Kayser im Hospiz in Bardowick gestorben. Er wurde 57 Jahre alt. Seine letzten Monate waren elendig, sagen Bekannte. Der Tod eine Erlösung. Eine Erinnerung.
Gerald und ich haben bei der Lünepost zusammengearbeitet, er verkaufte Anzeigen, ich arbeitete in der Redaktion, später bei der LZ. Gerald war laut, einer mit einer großen Klappe und einer, der brillant verkaufen konnte. Als meine Kinder klein waren, spielte Gerald den Weihnachtsmann. Er kam im ältlichen grünen Mercedes Coupé angefahren, mit wehendem Kostüm. Die Kleinen waren begeistert von der Show und fragten hinterher: „War der Weihnachtsmann betrunken?“ So ein bisschen auf jeden Fall.
Gerald wechselte den Job, Wolfsburg, Braunschweig, Hamburg, Düsseldorf. Stets große Geschichten, die er erzählte. Wie in Lüneburg hatte er Erfolg, aber nicht alle Kollegen empfanden seine Art als freundlich. Bis heute nicht.
Mit einer langen Liebe begleitete er den LSK. Als Fan, als Trainer, als Mann fürs Marketing. Er sei mit großer Leidenschaft dabei gewesen, erzählt einer, der den Verein seit Jahrzehnten bestens kennt: „Er hatte viele gute Ideen.“ Nicht alle zahlten sich aus. So soll der Verein wirtschaftlich lange an dem Engagement zu tragen gehabt haben, obwohl Gerald eigenes Geld beigesteuert habe. 2016 war Schluss.
Mit Alfred Heger, lange Kolumnist der Lünepost und auch ein lebensfroher Tausendsassa, heckte er das ein und andere aus. Alfred, inzwischen verstorben, als Moderator und Admiral von eigenen Gnaden unterwegs, bestritt mit ihm auch Stintfeste, meine ich. Gerald konnte aus dem Stand Stimmen und Politiker imitieren, zum Beispiel den späteren Wirtschaftsminister aus Lüneburg, Bernd Althusmann von der CDU. Brüllend komisch.
Klar, war es lustig, mit Gerald um die Häuser zu ziehen, er feierte in vielen Kneipen. Oft auf Stippvisite, wenn er mal wieder an die Ilmenau kam. Vor etwa drei Jahren dann die Rückkehr in seine Stadt, die Heimat. In Düsseldorf ging ein Job zu Ende. Er versuchte sich auf Märkten mit Honigverkauf.
Zwei Jahre soll es her sein, dass er erfuhr: Du hast Krebs. Und den heftig. Er wohnte hier, er wohnte da. Manchen galt der Mann der vollen Taschen nun als „mittellos“. Es bleibt ungewiss. Miete hat er bei Freunden wohl nicht oder kaum bezahlt.
Schließlich war klar, dass der Krebs gewinnen würde. Der herrschte grausam in Geralds Körper. Krankenhaus, Palliativstation, schließlich das Hospiz in Bardowick. Er habe gekämpft, nicht loslassen wollen von dem bisschen Leben, das noch in ihm pochte, sagen Freunde. Doch endlich habe er jetzt gehen können. Wie gut für ihn.
Das Verhältnis zu seiner Familie war schwierig, lange gab es kaum Kontakt zwischen den Geschwistern. Doch auf dem letzten Stück haben sie ihn begleitet. Nun kümmern sie sich um seine Habseligkeiten und die Bestattung.
Man soll nichts Schlechtes über Tote sagen. Doch welches Leben wirft keine Schatten? Manche etwas dunklere. Aber Schatten bedeuten auch Licht. Das ist nun erloschen. Mach‘s gut Gerald. Carlo Eggeling
Die Fotos stammen von Geralds Facebook-Seite, eins zeigt ihn mit Alfred Heger.
Kommentare
am 18.01.2024 um 15:30:31 Uhr
Es tut mir so leid, unsere Freundschaft hätte wahrlich ein anderes Ende verdient. Ich hätte Dir gern auf Deiner schweren Reise beigestanden.
Gute Reise Gerald, jetzt hast Du sicherlich viel neues Publikum, dass Du vortrefflich unterhalten kannst. Ich werde Dich sehr vermissen.
Es tut mir sehr leid.
am 23.01.2024 um 21:34:35 Uhr
erinnere ich mich gut. Wir viel gelacht. In den Jahren seit unserer Schulzeit haben wir uns nie ganz aus den Augen verloren und wenn es nur der jährliche und ehrliche Geburtstagsgruß war. Uns einte die Begeisterung für den LSK seit unserer Jugendzeit. Und wenn er mal etwas nicht ganz so ernst meinte, blinzelte seinem Gegenüber gerne einmal zu. Meist erreichte er ja seine Ziele für den Fußballsport oder auch beruflich. Sein steter Optimismus, etwas zu machen und nicht nur darüber zu reden, das hat beeindruckt. Mach es gut, mein Freund. Die Erinnerung an Dich bleibt in unserem Herzen. Dein Bernd
am 29.01.2024 um 09:32:13 Uhr