Umspannwerk in Rettmer steht in Frage — Stadt versäumt B-Plan aufzuheben
von Carlo Eggeling am 20.07.2023Ein gravierendes Versäumnis im Lüneburger Rathaus erweist sich nun als großes Plus: Anders als gedacht, hat der Verwaltungsausschuss den Bebauungsplan Rettmer-Nord nicht aufgehoben. Die Kurzversion aus der Pressestelle des Rathauses lautet letztlich: "Das ist durchgerutscht." Die längere Variante kommt ein wenig später. All das verbessert die Position Lüneburgs bei der Frage, ob der Netzbetreiber Tennet möglicherweise auf 25 Hektar Fläche ein Umspannwerk an der Heiligenthaler Straße errichten kann -- oder eben nicht.
In der Verwaltung glaubte man bis Anfang der Woche, der B-Plan sei aufgehoben. Eben diese Position vertrat Mathias Eberhard vom Planungsamt kürzlich bei einer Bürgerversammlung im Bonhoeffer-Haus. Als SPD-Ratsherr Uwe Nehring in Protokollen der Ausschüsse nachforschte und keinen Vermerk fand, rief er im Bauamt an. Parallel dazu fragte Lüneburg aktuell in der Pressestelle nach. Ergebnis: Es gibt keinen Aufhebungsbeschluss, das B-Plan-Verfahren läuft also noch.
Im Wortlaut: "Bislang wurde die Aufhebung im VA noch nicht beschlossen. Aufgrund von Terminverschiebungen des anvisierten Verwaltungsausschusses ist das Thema noch nicht auf der Tagesordnung gelandet. Eine Aufhebung von B-Plan und F-Plan-Änderung steht damit noch aus."
Sebastin Rutzen, bei Tennet im Verfahren für Kommunikation zuständig, sagt: "Was die Lage für uns bedeutet, müssen wir prüfen. Aber es wird sicher schwieriger für uns." Er räumt ein, dass der B-Plan zuvor das Projekt "für uns nicht realisierbar" gemacht habe.
Die Dramatik liegt darin, dass Vertreter der Tennet eindeutig erklärt hatten, mit einem B-Plan in Rettmer könnten sie vorgeschriebene Abstandsvorgaben nicht einhalten, das Umspannwerk könne eben nicht in Höhe Ziegelei rechts oder links der Heiligenthaler Straße entstehen. Daraus folgt wiederum, ein anderer ins Auge gefasster Standort erhält wieder eine höhere Priorität: eine Fläche bei Melbeck. Doch auch die Samtgemeinde Ilmenau hält wenig davon, dass dort ein Strompark entsteht. Das hatte Bürgermeister Peter Rowohlt in einem Positionspapier formuliert.
Wie berichtet, hatte der Bauausschuss Anfang des Jahres mit Empfehlung von Stadtbaurätin Heike Gundermann und mit Plädoyers unter anderem des grünen Ratsherrn Wolf von Nordheim (Man brauche dort kein Bauland) beschlossen, den B-Plan aufzuheben. Die Eigentümerin hatte die zunächst für Wohnbebauung vorgesehenen Flächen für zwanzig Jahre an Klaus Hoppe und den Hof an den Teichen verpachtet zur landwirtschaftlichen Nutzung. Doch offensichtlich reichte Tennet die Haltung der Stadt: Eine Woche nach dem Beschluss fügte der Netzbetreiber das Umspannwerk bei Rettmer in seine Pläne ein. Als favorisierten Standort, so erklärten es die Vertreter des Unternehmens, denn der Platz sei unter anderem aufgrund der Bebauung zwischen Lüneburg, Melbeck, Embsen, Heiligenthal und Reppenstedt gering.
Klaus Hoppe, der nicht nur dem Hof an den Teichen verbunden ist, sondern auch Geschäftsführer der Campus-Gruppe (Wohnheime, Rtterakademie, Kultursommer) ist, ist ein entschiedener Gegner des Umspannwerks, unter anderem weil die Flächen für die Entwicklung der Stadt benötigt werden. Er sagt: "Ich bin erleichtert. Mit dieser Nachricht im Rücken können wir die Entwicklung der Flächen weiterhin konstruktiv begleiten."
Ilmenaus Samtgemeindebürgermeister Peter Rowohlt sagt mit gewisser Ironie in der Stimme in Richtung Lüneburger Rathaus: "Herzlichen Glückwunsch, manchmal zahlen sich Fehler aus." Die Samtgemeinde müsse ihre Haltung neu überdenken und sich positionieren.
In der Erklärung der Stadt zum Thema ist zu lesen, was Planer Eberhard bereits bei der Bürgerversammlung angedeutet hatte: Im Süden der Stadt kann sie noch wachsen. Seit längerem beschäftigt man sich mit dem Programm ISEK, Integriertes Stadtentwicklungskonzept. Allerdings hat die Stadt bislang offenbar keine Pflöcke dafür eingeschlagen, um diese Pläne so abzusichern, dass sie quasi Vorrang vor anderen Planverfahren haben. Zur Einordnung: Das Gesamtkonzept für die Ausbau des Stromnetzes läuft laut Tennet seit 2021.
Die Presseerklärung: Die Stadt habe plane, "im kommenden Bauausschuss über einen Beschlussvorschlag zu beraten, der den dringend benötigten und raumordnerisch geforderten Entwicklungsbereich nördlich von Rettmer sichern soll. Diese Pläne sind unabhängig von der relativ kleinräumigen Bauleitplanung auf der Teilfläche an der Heiligenthaler Straße zu sehen, die kurzfristig nicht mehr für eine bauliche Entwicklung zur Verfügung steht. Die anvisierte Siedlungsentwicklung rund um Rettmer hängt insbesondere auch mit dem weiteren Bahn-Haltpunkt zusammen, der dort geplant ist. Im Rahmen dieser ÖPNV-Erweiterung hat die Stadt das Ziel des Raumordnungsprogramms umzusetzen, die Siedlungsentwicklung im Gebiet um geplante Haltepunkte herum zu konzentrieren."
Die Botschaft liest sich klar: Wenn kein Umspannwerk kommt, könnten zwischen Rettmer, Oedeme und Heiligenthal neue Wohngebiete entstehen. Am Ende gehen die Pläne an das Amt für regionale Landesentwicklung, dort wird dann die Richtung vorgegeben. Carlo Eggeling
Kommentare
am 20.07.2023 um 15:30:47 Uhr
am 21.07.2023 um 09:20:36 Uhr