Lüneburg, am Dienstag den 13.05.2025

Umstrittene Sonnenfänger auf alten Dächern

von Carlo Eggeling am 04.09.2024


Wer aus dem Turm der Michaeliskirche oder vom Kalkberg über die Altstadt blickt, versteht, was mit einem Dächermeer gemeint ist: Dachziegel schimmern in verschiedenen Rottönen auf Jahrhunderte alten Balkenkonstruktionen. Es stellt sich die Frage, ob es so bleibt, denn das Kabinett in Hannover hat kürzlich einen Runderlass verfasst, der es einfacher machen soll, Photovoltaikanlagen auf denkmalgeschützte Häuser zu setzen. Was sagt der Arbeitskreis Lüneburger Altstadt dazu, der am Wochenende mit der Handwerkerstraße seinen 50. Geburtstag feiert? Der ALA hat in der Vergangenheit dafür gekämpft, Baudenkmale zu erhalten.

Erst einmal ein Blick auf die Presseerklärung aus Hannover, die Kultuminister Falko Mohrs und Umweltminister Christian Meyer neulich verschickt haben. Tenor: "Erneuerbare sind grundsätzlich zu genehmigen." Das stellen sich die Minister von SPD und Grünen so vor:

"Das Denkmalschutzgesetz sieht vor, dass Eingriffe in ein Kulturdenkmal zu genehmigen sind, soweit das öffentliche Interesse an der Errichtung der Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien das Interesse an der unveränderten Erhaltung des Kulturdenkmals überwiegt. Das ist grundsätzlich der Fall, wenn der Eingriff in das äußere Erscheinungsbild reversibel ist und in die denkmalgeschützte Substanz nur geringfügig eingegriffen wird.

Anlagen sollten also möglichst ohne Schäden am Denkmal wieder abzumontieren sein. Darüber hinaus sollten sie möglichst dezent gestaltet sein, um den ursprünglichen Gesamteindruck weitgehend zu erhalten. Letztes tritt vor der grundsätzlichen Ermöglichung einer schadenfreien Installation aber in den Hintergrund.

Zudem sieht der Erlass vor, dass Auflagen der unteren Denkmalschutzbehörden nicht zur Unwirtschaftlichkeit der Anlage führen dürfen. Insbesondere dürfen keine teuren Sonderlösungen verlangt werden."

Das klingt fast nach einem Freifahrtschein. Davon hält der 2. Vorsitzende des ALA, Reiner Netwall wenig: "Nur fünf bis sechs Prozent der gesamten Dachflächen Lüneburgs entfallen auf die historische Altstadt. Von diesen Flächen sind, laut Schätzungen, noch weit über 70 Prozent für PV-Anlagen nicht geeignet. Zu kleine Flächen, Statik von Dachstuhl und die Dachneigung stimmen nicht, ungünstige Ausrichtung zur Sonne, Verschattung von Gebäudeteilen, oder Nachbarhäusern. Ein wichtiger Punkt ist auch die erhöhte Brandlast, die die
historischen Häuser zusätzlich extrem gefährdet."

Man stehe der Technologie grundsätzlich offen gegenüber, sagt Netwall, der nach eigenem Bekunden auf seinem Haus bereits vor 30 Jahren auf Photovoltaik gesetzt hat. Doch sinnvoller sei es, "zum Beispiel in Wohnsiedlungen wie dem Hanseviertel oder dem Ilmenaugarten sowie
auf Hallendächern, Schulen, Parkhäusern, Lager und Produktionshallen" auf die Sonnenfänger zu setzen.

Bewohner der historischen Gebäude könnten gleichwohl Teil der Öko-Wende werden, in dem sie sich an "Bürgersolaranlagen“ beteiligen und so durch "Mitfinanzierung der Solargroßanlagen oder Anteilskauf selber günstigen Ökostrom beziehen".

Bevor also Kirchen und Häuser zwischen Michaelis, Nicolai und Johannis "Stromdächer" erhalten, dürften einige Fragen zu klären sein. Carlo Eggeling



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Der ALA lädt am Samstag von 12 Uhr und Sonntag von 11 Uhr an zur Alten Handwerkerstraße im Schatten von Michaelis ein. Dort ist auch das ALA-Jubiläums-Buch zu haben, dass von 50 Jahren Kampf um den Erhalt des historischen Lüneburg berichtet.

© Fotos: ca


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