Lüneburg, am Montag den 18.08.2025

Vermurkste Wahl kostet 20 000 Euro — erst einmal

von Carlo Eggeling am 05.10.2023


Die Wahl fällt aus, doch die rund 20 000 Senioren der Stadt werden darüber nicht durch ein neues Anschreiben informiert. Das ergibt sich aus einer Anfrage von Lüneburg aktuell und den Antworten der Stadt: "Mit Blick auf Kosten und Aufwand ist es nicht geplant, alle Wahlberechtigten individuell zu informieren – vielmehr wird es eine öffentliche Bekanntmachung geben sowie die Kommunikation über die städtischen Kanäle und die örtliche Presse. Über die erneute Wahl werden dann natürlich alle Wahlberechtigten postalisch informiert." Das erstaunt den Vorsitzenden des noch amtierenden Seniorenbeirats, Manfred Stark: "Das reicht nicht aus." Stark sagt, was angesichts dramatischer Einbrüche bei der Auflage von Zeitungen naheliegt: "Es hat doch nicht jeder die Zeitung. Und wer liest schon amtliche Bekanntmachungen?"

Wie berichtet, hat Sozialdezernent Florian Forster die vermurkste Wahl abgesagt. Forster musste einräumen, dass gar nicht alle der berechtigten Wähler in der Stadt, also die, die 60 Jahre und älter sind, Wahlschein e erhalten haben. Durch einen Fehler seien Menschen, die einen zweiten Wohnsitz haben, nicht angeschrieben worden, rund 500 Personen. Die Nachfrage bei einer Betroffenen ergab, sie habe keinen zweiten Wohnsitz mehr, den sie vorher aus beruflichen Gründen nutzte und das seit Monaten nicht mehr.



In den Antworten auf einen Fragenkatalog von Lüneburg aktuell erklärt Forster, nach Rücksprache mit dem Vorsitzenden des Seniorenbeirats gehe er davon aus, dass der weitermache, bis ein neues Gremium gewählt ist. Da widerspricht Manfred Stark. Er sei davon ausgegangen, dass es um ein gutes Vierteljahr gehe. Doch da Forster nun die Wahlordnung abändern und die Politik einbeziehen wolle, werde voraussichtlich erst Mitte nächsten Jahres neu gewählt: "Wir müssen erst klären, ob das geht."



Kollegen im Vorstand seien gesundheitlich angegriffen, hätten gesundheitliche und persönliche Dinge in ihren Familien zu klären. Es könne sogar sein, dass man unter die Mindestzahl von drei Personen an der Spitze komme, dann müsse aus den Delegierten der vergangenen Wahl jemand gefunden werden, der das Amt übernehme, aktuell gebe es keine Nachrücker mehr.



Noch ein Punkt, der den seit Jahren ehrenamtlich aktiven Senior verwundert. Sozialdezernent Florian Forster nenne die Zahl von rund 19 500 wahlberchtigten Lüneburger Senioren. Er gehe von gut 400 mehr aus, sagt Stark: "Mehrmals wurde bei Sitzungen die Zahl 19 929 erwähnt." Das könnte bedeuten, dass noch mehr Rentner nicht angeschrieben wurden.



Stark mahnt zudem an, dass der Beirat einbezogen werde, wenn man die Wahlordnung ändern wolle. Ihm missfällt zum Beispiel, dass man gar nicht wisse, wer zur Wahl steht. Dort ständen zwar Namen, aber nicht, wer sich quasi dahinter verbirgt. Um einzuordnen, bei wem man ein Kreuz mache, wäre gut zu wissen, welchen Beruf jemand hat, wie er sich noch engagiert etwa politisch oder in anderen Ehrenämtern.



Er bemühe sich um ein persönliches Gespräch mit Sozialdezernent Forster, um Fragen und Anregungen zu klären. So geht es ihm um die Frage, ob die bereits ausgefüllten Wahlscheine vernichtet werden und wie eben der Beirat in das Verfahren eingebunden werde. Denn was bislang gelaufen sei, empfinde er als "schlimm".



Lüneburg aktuell hatte weitere Fragen zur Wahl. War das Wahlamt eingebunden? Antwort: nein, verantwortlich war das Sozialdezernat, den Übermittlungsfehler hätte es trotzdem gegeben. Zum Abbruch der Wahl: "Die Wahlleitung hat entschieden, das laufende Wahlverfahren auszusetzen und dem Rat zu empfehlen, die Wahl für ungültig zu erklären." Bei der Entscheidung habe das Rechtsamt das Ressort beraten.



Zu den Kosten der Wahlbenachrichtigungen heißt es, die lägen bei 20 000 Euro. Eben die wolle man sparen und schicke daher keine weitere Post, um darüber zu informieren, dass die Wahl ausfällt. Die Ausgabe bleibe "zunächst" bei der Stadt hängen. "Zunächst" klingt so, als ob noch irgendjemand finanziell einspringen könnte, wer das sein könnte, benennt die Antwort nicht. Die Pressestelle betont auf die Frage, ob Forster direkt gegenüber Lüneburg aktuell Stellung nehmen möchte: "Alle Rückmeldungen seitens der Stadt sind mit dem zuständigen Dezernenten abgestimmt." Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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