Lüneburg, am Sonntag den 09.11.2025

Von Gedankenspielen und Anpacken

von Carlo Eggeling am 08.11.2025


Meine Woche
Schwarze Tage, grüne Hoffnungen

Es schien alles klar. Aus dem Lüneburger Land tritt keiner der Samtgemeindebürgermeister an, um im Herbst kommenden Jahres den Hut für den Landratsposten in den Ring zu werfen. Bei den noch großen Parteien suchen sie nach Kandidaten, die Sozis haben dem Vernehmen nach einen, keinen Bürgermeister, aber einen, der schon länger Politik macht. Den Namen bestätigen SPDler, die Einfluss besitzen. Aber aus der Deckung wollen sie noch nicht. Bei dem Schwarzen haben sie vielleicht auch einen, einen der erst nicht wollte. Aber wer Parteifreunde hat, weiß, dass es nicht immer eine Freude ist, denn die fordern für die Partei.

In Stadt und Land sollen Kreischef Felix Petersen und eben jener Hoffnungsträger Gespräche führen. Das ist von mehreren Seiten zu hören. Auch aus anderen Parteien, es braucht schließlich Bündnisse. Eine Geschichte -- mehrfach bestätigt -- geht so: Die Grünen würden den Schwarzen auf Kreisebene unterstützen, natürlich nicht ohne Gegenleistung. Was nahe läge, nämlich Claudia Kalisch konservativen Rückwind zu verschaffen, wird nichts, denn die Stadt-CDU hat bereits klargemacht: Mit Frau OB, die mit Autobahngegnern gegen den Ausbau der A39 über die Ostumgehung strampelt, machen wir keine gemeinsame Sache.

Was bleibt? Ein grünes Bonbon, das zum sauren Drobs mutierte, aus vergangenem Wahlkampf: der Marienplatz. Der soll zu einer dieser legendären konsumfreien Orte werden, einem lauschigen Idyll. Was über Jahre mit Bürgerbeteiligung anzusehen war, rostige Klangschale, Holzhackschnitzel und Weisheiten, die an sozial-ökologische Predigten erinnerten, wurde nichts. Dann was haben die Grünen nach vier Jahren Regentschaft vorzuweisen, was nicht in weiten Teilen von Vorgängerrat und Alt-OB angeschoben wurde? Selbst die Radler-Fraktion moniert das, auch wenn sie mutmaßlich aus grüner Nähe die Verantwortung anderen Parteien zuschiebt.

Die CDU möge einem anderen Marienplatz zustimmen. Dann hätten die Grüne einen vermeintlichen Erfolg fürs eigene abnehmende Publikum. Schließlich findet die Jugend die weibliche Form Robin Hoods, Heidi Reichinnek, cooler und link(s)er als, wie heißen die grünen Parteichefs nochmal?

Der schwarze Eventuell-Kandidat will nichts sagen. Vermutet nur, wer's durchgestochen hat. Es gilt das Gesetz der Politik, wenn mehr als zwei zusammen sitzen, redet einer. Jetzt sind es mehrere. Wie auch immer, der erfolgreiche Samtgemeindechef überlegt noch. Wenn er Ja sagt, hat er spätestens in einer Stichwahl gute Chancen, selbst ohne die Grünen. Für das Kreishaus würde das eine Herausforderung bedeuten, für die Bürger könnte es besser laufen.

Fahrrad hatten wir schon. Da setzt die CDU ebenfalls einen Punkt. Sie stellt den Fahrradring in Frage. Chris Gerlach fragte im Mobilitätsausschuss der Stadt, ob man das Konzept wirklich umsetzen wolle. Das dürfte er nicht ohne Rücksprache getan haben. Es ging um die Ilmenaustraße. Auch wenn Radler in Masse über den Berge rollen, gilt sie plötzlich als Speichen-Magistrale. Sie soll sich in eine sogenannte unechte Fahrradstraße verwandeln, dafür müssten Parkplätze weichen. Quer geht eigentlich nicht, längs müssten Wagen abgestellt werden. Der Radentscheid will alle Stellflächen streichen, es strampele sich glücklicher.

Angeblich gefahrloser. Nachfrage bei der Polizei. An der Ilmenaustraße registrieren die Beamten so gut wie keine Unfälle und keine schweren. Das Leben ist lebensgefährlich: Erinnern Sie den Kastanienstreit an einer Kita in Melbeck? Äste könnten abbrechen und auf Kinder fallen. Wissen Sie, wie viele Kastanien an der Ilmenaustraße stehen? Unglaublich, wie Lüneburg Radler diesem Risiko aussetzt.

Der Radentscheid, dem die Stadt mit einem mehrheitlichen Ratsbeschluss im Mai 2022 beitrat, will einen Radweg um die Innenstadt legen. Straßen sollen schmaler werden, Parkplätze verschwinden. Die Verwaltung plant munter. Die Initiative tritt wortgewaltig auf, das scheint sher zu beeindrucken. Wie viele Mitglieder zählt sie? Anfrage. Keine Antwort. Beim Stadtlexikon Lünepedia findet sich der Wert "zirka 20". Bei fast 80 000 Einwohnern.

Die Stadt ist pleite, man könnte sich fragen, ob man Hunderttausende in einen Ring steckt oder ob man das Geld nicht nimmt, um wirkliche Herausforderungen für Radler zu verbesser: ein gesichertes Fahrradparkhaus am Bahnhof, kaputte Radwege an vielen Stellen, das Räumen von Schnee und Eis im Winter zum Beispiel an der Stöteroggestraße, die Stadt meint, der Moldenweg sei die Hauptroute in Richtung Sand und Markt. Einfachmal gucken. Wäre entscheidend für Kreideberg-Radler. Ob die CDU ein Thema für den Wahlkampf setzt?

Weil alles hier wie immer nur aus Hörensagen und Unsinn stammt, wie ich stets lesen darf, ein paar gute Nachrichten. Richtig gut hat die Feuerwehr in Kirchgellersen gearbeitet und die brennende Schlachterei Isermann gelöscht. An die Chefs und ihre Crew Bewunderung: Die produzieren an anderen Orten weiter, legen mit der Sanierung los, haben Container für den weiteren Betrieb geordert, Kollegen wollen unterstützen. Nicht reden, machen.

Einen schönen Ort haben Stefan und Kathrin Ennen mit ihren Mitarbeitern im Heidkrug geschaffen. Lässig, entspannt, voller Genuss. Wohlfühlen mit Musik, Kultur und guter Laune. Provinz-Perle Antje Blumenbach zieht von der Salzstraße um an den Berge, die Mischung funkelt zwischen Lüneburger Leerständen und dem offenen Drogenmarkt am Karstadt-Parkhaus.

Gratulation an zwei Lüneburger Schaustellerfamilien: Caro und Nico Dieckmann lassen es süß angehen. Das junge Paar hat eine Schmalzkuchen-Bäckerei übernommen, am Freitag feierten sie auf dem Hamburger Dom Premiere. Caro ist übrigens aus ihrem Job bei einem Autohaus in die Firma ihres Mannes gewechselt. Mut in vermeintlich schwierigen Zeiten. Gleiches gilt für Peggy und Paul Voss, die ein neues Amüsier-Geschäft gekauft haben und auf dem Dom ebenfalls mit der Eröffnung loslegten. Investitionen in eine Zukunft. Optimismus.

Anpacken statt Lamento. Dazu am Samstagabend Musik in vielen Kneipen. Was für ein Wochenende. Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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