Von Lüneburg lernen -- wie sich die Linke anders aufstellen kann
von Carlo Eggeling am 13.03.2023Lüneburger führt niedersächsische Linkspartei
Thorben Peters sieht etwas in seiner Partei, das viele angesichts tobender Macht- und Richtungskämpfe nicht so recht erkennen: Potential. Die Linke besetze richtige Themen und liefere richtige Antworten, nur: "Die Leute trauen uns die Umsetzung nicht zu." Er kann das verstehen: "Wir beschäftigen uns zu sehr mit uns selber." Der Lüneburger Peters wurde am Wochenende in Hannover beim Parteitag mit rund 160 Delegierten zu einem der beiden Parteivorsitzenden gewählt (LA berichtete). Mit seinen Genossen hat er große Aufgaben vor sich, um die Partei wieder als Akteur zwischen Elbe und Harz wahrnehmbar zu machen. Zum zweiten Mal hatte sie im Herbst den Einzug in den Landtag nicht geschafft, sie erreichte nicht einmal drei Prozent der Wählerstimmen.
Neben Peters sind zwei weitere Lüneburger im Landesvorstand aktiv. Christoph Podstawa bleibt Landesgeschäftsführer. Er engagiert sich an der Ilmenau für das Wohnprojekt Unfug und war Ratsherr. Marianne Esders ist Geschäftsführerin der Kreistagsfraktion und zählt zu den Köpfen der Seebrücke, einem Projekt der Seenotrettung für Flüchtlinge.
Ein bisschen soll Lüneburg Modell für das Land sein. Peters, der als Sozialarbeiter die Herberge für Wohnungslose leitet, nennt dabei die enge Zusammenarbeit seiner Genossen mit Nicht-Regierungs-Organisationen, NGOs, wie eben der Seebrücke und Fridays für Future. Aus diesem Kreis ziehe die Partei neue Aktive. Ein anderer Ansatz ist die Verbindung zur Gewerkschaft verdi: Politiker der Linken sitzen mit in Runden, in denen es beispielsweise darum geht, Arbeits- und Lohnbedingungen im Klinikum zu verbessern. Ein anderer Punkt: Die Situation in mangelhaften Wohnungen in Kaltenmoor -- Linke sind an einer entsprechenden Initiative maßgeblich beteiligt. All das solle dazu dienen, "öffentlichen Druck aufzubauen", um so Themen beispielsweise in den Stadtrat zu bringen. Die wesentlichen Anliegen seien "Gesundheit, Bildung und Wohnen".
Diese Basisarbeit soll auf Landesebene Früchte tragen: "Der Landesvorstand unterstützt dann Orts- und Kreisverbände." Doch das sei nicht einfach in einem Flächenland wie Niedersachsen. In den Städten sei der Zugang besser.
Wer von außen auf die Linke blickt, gewinnt den Eindruck eines zerzausten Haufens. Gerade die Ikone und Hassfigur Sahra Wagenknecht stelle die Partei vor eine Zerreißprobe, räumt Peters ein. Er wünscht sich einen differenzierteren Blick. Das von Wagenknecht mitinitiierte Manifest für den Frieden habe eben nicht nur sie, sondern hätten zudem Dutzende andere unterzeichnet. "Wir müssen weg von der Person." Es gehe um Inhalte, eben die gelte es herausarbeiten und zu diskutieren.
Die Partei geben es seit 2007, sie sei "ein Kessel Buntes" mit vielen Strömungen, beschreibt Peters. Dazu sollte man allerdings anfügen: Im Osten war ihr Vorläufer die DDR-Staatspartei SED, es folgte die PDS, im Westen fanden sich frustrierte Sozialdemokraten, linke Splitergruppenfans und enttäuschte Gewerkschafter unter dem dem Kürzel WASG zusammen, die sich schließlich vereinten. Eine Mischung, die Beobachter zwischen handfest bis spinnert einschätzten, übersetzt: Von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow bis zum Alt-Kommunisten und Liedermacher Diether Dehm reicht das Spektrum. Peters möchte ein "Brückenbauer" sein, um die Linke wieder attraktiv zu machen. Er dürfte viel zu tun haben. Carlo Eggeling
Das Foto zeigt Thorben Peters, Marianne Esders und Christoph Podstawa.
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