Lüneburg, am Montag den 18.08.2025

Wie der Alltag behindert

von Carlo Eggeling am 05.05.2023








Der Alltag ist tückisch, schon im Supermarkt: Eine Dose oben aus dem Regal nehmen, kaum möglich. Tiefkühltruhen sind ebenfalls eine Problemzone, was weiter hinten liegt, kaum zu erreichen. Inge Steinberg ist relativ klein, sie steht immer wieder vor im Wortsinne großen Herausforderungen: "Ich bin nicht behindert, ich werde behindert." Am Freitagnachmittag ist sie dabei, um beim "Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen" für die Anliegen von Betroffenen zu werben. Rollstuhl, blind, taub -- damit verbinden viele ein Leben mit Handicaps. Doch nicht jede Einschränkung ist sichtbar. Wer beispielsweise künstliche Kniegelenke oder eine eingeschränkte Herzfunktion hat, kann seinen Job eventuell nicht mehr so erledigen, wie ein Mensch, der gesund ist. Rund 20 000 Menschen in Stadt und Kreis gelten laut Behindertenbeirat als schwer behindert.



Mitglieder des Gremiums haben am Markt und auf der Bäckerstraße auf das Thema aufmerksam gemacht. Vorsitzende Daniela Laudan definiert den heutigen Protest eher als den Versuch eines Miteinanders. Sie und ihre Mitstreiter kommen mit Passanten ins Gespräch, durch praktische Übungen. Ein Schild blockiert einen Weg, das kann man umräumen -- ein Symbol dafür, wie Blockaden im Leben verschwinden könnten. Im Supermarkt durch ein ein Podest, um ans Regal zu gelangen oder durch Mitarbeiter, die helfen. Daniela Laudan und Inge Steinberg sind sich einig: "Reden hilft."



An manchen Stellen redet der Beirat allerdings ewig. Wenn etwa an einer Turnhalle eine Rampe eine falsche Neigung besitze, werde das Problem dort behoben, sagt Daniela Laudan: "Immer im Einzelfall, aber es wird nicht überall umgesetzt, obwohl es etwas Grundsätzliches ist." So gibt es viele Einzelfälle und viele erneute Debatten. Ein anderer Aspekt: Landschaftsarchitekten planen einen Spielplatz, an Mädchen und Jungen mit Handicaps denken sie nicht automatisch mit. "Wenn wir als Beirat darauf aufmerksam machen, hören wir: 'Hier wohnen doch keine behinderten Kinder", sagt die Vorsitzende des Gremiums. Die Botschaft ist klar: Die Behinderung beginnt mit dem Blick auf die Welt.



Das Trio lobt aber auch. Bei Neubauten setze die städtische LüwoBau selbstverständlich darauf, dass Wohnungen in oberen Stockwerken für Behinderte zu erreichen sind. Es sei ein großer Vorteil, dass die Stadt diesen Einfluss habe.

Einen Wunsch hat Beiratsmitglied Hellmut Kubitz und spricht auch für die beiden Frauen neben ihm: Der Beirat für Stadt und Kreis leiste viele Stunden ehrenamtliche Arbeit. Helfen würde ein Kollege mit einer halben Stelle und einem Büro als Ansprechpartner.



Miriam Ihnen und andere wiesen auf der Bäckerstraße auf eine Gedankenlosigkeit hin: Als "Beschimpfung" fällt auf Schulhöfen öfter der Spruch: "Du bist doch behindert." Es gebe doch Alternativen: "Sag einfach Kacke." Carlo Eggeling



Wer mehr erfahren möchte, schaut im Internet auf die Seite www.behindertenbeirat-lueneburg.de



Das Foto zeigt Daniela Laudan, Hellmut Kubitz und Inge Steinberg auf dem Markt Das zweite Bild gibt einen Eindruck von der Aktion auf der Bäckerstraße.

© Fotos: Privat / ca


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