Lüneburg, am Montag den 18.08.2025

Wie die Genossen einen Genossen einfangen wollen und wo sie Schwerpunkte setzen

von Carlo Eggeling am 08.09.2023




Politisch betrachtet bietet das Bauressort der Stadt Lüneburg ein Füllhorn von Themen, um sich mit diesem Ressort kritisch auseinanderzusetzen: die vermurkste Neugestaltung des Glockenhofs und dessen ewig dauernder Umbau, das von vielen bemängelte Aussehen der vermeintlich grünen Oasen, das Verschlafen der Pläne für neue Stromtrassen und des vorhersehbaren möglichen Baus eines Umspannwerks auf 26 Hektar Fläche bei Rettmer, das nun das Wachstum der Stadt im Süden schwieriger macht. Mal wurde der Behindertenrat nicht eingebunden, mal hat man das Landesamt für Denkmalpflege vergessen -- beide hätten nach eigener Auffassung gehört werden müssen. Klingt seit zwei Jahren ziemlich verstolpert.

Das hat die SPD erkannt, hier will ihre neue Doppelspitze der Ratsfraktion, Hildtrud Lotze und Uwe Nehring, nachhaken. Das Kalkül liegt nahe: So kann sie -- bürgernah -- nicht nur das Bauressort stärker hinterfragen, sondern auch die Oberbürgermeisterin, die ist schlussendlich für die Führung des Rathauses verantwortlich. Allerdings haben die Sozis ein Problem: Dem Bauausschuss sitzt ein Sozialdemokrat vor, nämlich Jens-Peter Schultz. Der pflegt augenscheinlich, das ist aus seiner Fraktion und seiner Partei zu hören, mehr Konsens als Kontrolle. Die Bürgerkritik an den Oasen tat er als Meckerei ab -- das politische Potential des Zwists blieb auf der Strecke.



Dabei gebe es Möglichkeiten, der Verwaltung mehr auf die Finger zu schauen und eine eigene Handschrift zu zeigen -- das ist eine Ansage aus eigenen Reihen: SPD-Urgestein Heiko Dörbaum, der dem Bauausschuss zwei Jahrzehnte vorstand und sich 2016 aus dem Rat verabschiedete, wünscht sich klarere Ansagen. Gerade, weil man rechtzeitig die nächste Kommunalwahl in drei Jahren in den Blick nehmen und sich profilieren müsse.



Hiltrud Lotze, ebenfalls Mitglied des Bauausschusses, kritisiert in Sachen Glockenhof "scharf", dass die Verwaltung nur einen groben Plan vorgestellt habe, aber nicht das weitere Vorgehen. In der Vergangenheit sei man mit dem Ausschuss vor Ort gewesen, habe sich "Bemusterungen" angesehen. Sie bemängelt zudem, dass der Behindertenbeirat nicht gehört worden sei, mit der Konsequenz, dass Arbeiter hinterher eine Rampe für Rollstuhlfahrer entschärfen mussten.

Doch was tun, wenn der Ausschussvorsitzende das toleriert? Künftig solle es mehr Abstimmungen in der Fraktion geben, um eine einheitliche Linie vorzugeben, an die sich dann alle zu halten hätten. Allerdings ist es ein offenes Geheimnis nicht nur in der SPD, dass nicht jedes Schwergewicht die Ansätze der Partei verfolgt. Aus der Partei ist hinter vorgehaltener Hand zu hören, dass man Schultz ablösen solle.

Die Co-Fraktionschefin, seit 2001 im Rat und ehemalige Bundestagsabgeordnete, und ihr Kompagnon Nehring räumen ein, dass sie sich nach 30 Jahren unter einem sehr bestimmenden SPD-OB an der Spitze und vielen Neuen in der Fraktion neu sortieren mussten und müssen. Damals in der Mehrheit, haben sie diese Rolle an die Grünen verloren -- und damit auch den besseren Draht in die Verwaltung.



Beide bemängeln einen neuen Stil. "Das Gefüge im Rathaus hat sich verändert", sagt die Politikerin. Uwe Nehring und Fraktionsgeschäftsführer Robert Strade schildern es so: Anders als in der Vergangenheit gebe es oftmals keine schriftlichen Vorlagen mehr, es heiße "mündlicher Vortrag", vieles werde erst in den Ausschüssen gezeigt: "Da kann man sich beispielsweise im Finanzausschuss nicht einarbeiten und vorbereiten, aber wir sollen entscheiden." Eben das wollen die Sozialdemokraten nicht mehr sang- und klanglos hinnehmen: "Da wollen wir öfter das Stoppschild zeigen."



Auch wenn die SPD das eigene Profil schärfen will, setzt sie auf Zusammenarbeit mit anderen. "Beim Thema Klimaneutralität haben wir Gemeinsamkeiten mit den Grünen", sagt Nehring. Um etwas zu erreichen, liege eine Zusammenarbeit nahe. Beim Thema zusammengeschmolzener Öffnungszeiten der Sparkasse hätten sie sich mehr Unterstützung aus anderen Lagern gewünscht, schließlich sei die Sparkasse kein Wirtschaftsunternehmen im herkömmlichen Sinne, Kreis und Stadt seien Träger, die Politik könne -- anders als behauptet -- sehr wohl Einfluss nehmen.



Auch bei der Öffentlichkeitsarbeit möchte die Fraktion neue Wege gehen. Angesichts sinkender Auflagenzahlen der Tageszeitung soll künftig ein Schwerpunkt auf die sozialen Medien gelegt werden. Zudem steht wieder klassische Parteiarbeit an: Stände auf der Bäckerstraße, um mit Bürgern ins Gespräch zu kommen. Hiltrud Lotze sagt: "Wir wollen die Themen ansprechen, die wichtig sind für die Stadt." Carlo Eggeling

Foto:

Das neue Führungsduo der SPD-Ratsfraktion.

© Fotos: ca


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