Wir brauchen mehr Schiffsverkehr
von Hajo Boldt am 05.05.2024Herbert Grönemeyer’s Song mit mehr Schiffsverkehr wäre an diesem sonnigen ersten Maitag der Hit gewesen. Denn das fixe Problem des Schiffsverkehrs auf der Ilmenau ist noch immer nicht gelöst. Frühmorgens am ersten Mai brach in Lüneburg der Salzewer des Förderkreises Industriedenkmal Saline Lüneburg auf, unterstützt von einigen Mitgliedern des ALA, um salzige Fracht in kleinen Fässern bis nach Bardowick zu bringen. Gerne wäre es hier weiter gegangen, aber die maroden Schleusen Bardowick, Wittorf und Fahrenholz sind ein Hindernis. Deshalb übernahmen dann die Mitglieder des Ruder-Clubs „Welle" von 1894 das weiße Gold und sorgten für einen reibungslosen Weitertransport. Mit vereinten Kräften über Umgehung der Schleuse Wittorf ging’s ebenso weiter auf dem Wasserweg bis nach Fahrenholz. Auf dem Weg dorthin mußten sie ihre Boote allerdings um die Wehre in Wittorf und Fahrenholz herum tragen, ehe es endlich am Zielort ankam. Besuch aus Hamburg und Lüneburg empfingen dann gleichzeitig die Mitglieder des Fördervereins Historische Ilmenau hier in Fahrenholz am späten Vormittag: neun motorgetriebene historische Schiffe und ein Kahn, darunter ein Festmacherboot, ein Hafenschlepper und ein Lotsenversetzer. Sie kamen mit dem Hochwasser auf der Elbe durchs Sperrwerk in Hoopte und fuhren die Ilmenau bis nach Fahrenholz flussaufwärts, um am dortigen Schöpfwerk an einer Spundwand anzulegen, weil wie eben schon beschrieben, die Fahrt wegen der drei Schleusen hier nicht weiterging. Sie sind seit vielen Jahren wegen baulicher Mängel außer Betrieb. Und das sehr zum Ärger des Fördervereins, der sich für die Instandhaltung der denkmalgeschützten Schleusenanlagen und Nadelwehre einsetzt. Vor drei Jahren waren einige der Harburger Freizeitkapitäne schon einmal in Fahrenholz eingetroffen. Damals gab es vor Ort Aktionen rund um die Befahrbarkeit der Ilmenau und den Erhalt der hölzernen Nadelwehre aus dem 19. und 20. Jahrhundert, sozusagen eine Demonstration für die aktive Gestaltung des Flusssystems Ilmenau als zentraler Versor-gungsweg für einen über Jahrhunderte gewachsenen Lebens-und Naturraum. Getan hat sich seitdem nichts. Geblieben ist nur „der große Traum, eines Tages bis nach Lüneburg durchfahren zu können", wie es ein Teilnehmer formuliert hatte. Diesmal kamen die Gäste nur für wenige Stunden nach Fahrenholz, denn sie wollten „mit dem Hochwasser rein und wieder raus". Auf dem Programm stand unter anderem noch ein Besuch in der Landkäserei Fehling. „Es wird kein Volksfest geben, aber viele Informationen zum Zustand der Ilmenau und ihrer Bauwerke", hatte Gustav Rieckmann aus Wittorf versprochen, Vorsitzender des Fördervereins Historische Ilmenau. Und so war es dann auch. In voller Harmonie und mit Gemütlichkeit bei Essen und Trinken gelang es bestens, auch den ersten Maitag mit seinem schönen Wetter zu feiern. Auf jeden Fall waren die alten Schiffe auf der Ilmenau auch ein toller Anblick für viele Zuschauer. Im Mittelalter war die Ilmenau auf ihren knapp 29 Kilometern zwischen Lüneburg und Hoopte ein bedeutender Schifffahrtsweg für den Salztransport nach Hamburg und Lübeck gewesen. Es war auch ein besonderes Erlebnis für Radler auf dem Ilmenau-Radweg von Lüneburg bis Hoopte zu fahren und hier auf dem bedeutenden Handelsplatz eine Pause einzulegen. Jens-Peter Fiedler, Vorsitzender vom Förderkreis Industriedenkmal Saline, startete nach Eintreffen des RC Welle diesmal als besondere Aktion einen äußerst regen Tauschhandel: mit dem mitgebrachten gesiedeten Salz aus Lüneburg, aus kleinen Fässern lose in die Tüte oder in kleinen Gläsern gegen andere Mitbringsel zum Spaß am Handeln und zur Freude aller Beteiligten. Zum Angenommenen gehörten auch unter anderem ein Schiffsmodell und etwas Hochprozentigeres. „Das Salz in mir, die Vorfahrt“, um wieder mit Grönemeyers „mehr Schiffsverkehr“ zu schließen - vielleicht kommt er selbst einmal - irgendwann einmal auf der Ilmenau wie in alten Zeiten und wieder bis zur alten Salzstadt.
© Fotos: Hajo Boldt
Kommentare
am 05.05.2024 um 19:55:35 Uhr
https://youtu.be/mcNFBZ0y4Q4?si=jiFDkA_Kl6qa_guh
am 05.05.2024 um 20:37:23 Uhr
10 Schiffe und Boote sind in den frühen Morgenstunden aus unterschiedlichen Häfen aufgebrochen, um am Lüneburger Salzhandel in Fahrenholz teilzunehmen.
Die Aktion "Rettet die Ilmenau" mit dem wiederbeleben des Salzhandels, sollte auf die maroden, denkmalgeschützten Schleusenbauwerke aufmerksam machen.
Ein kostbares Kulturgut, der Fluß Ilmenau, droht zu sterben, wenn nicht bald die Wiederinstandsetzung beginnt.
Die Wasserbehörde blockiert die Befahrbarkeit der Schleusen, so ist für jeden Schiffsführer die Möglichkeit genommen, im sicheren, tidenumabhängigen Ilmenaustrom oberhalb Fahrenholz zu verweilen.
Welche Freude, Begeisterung und Erholung die Wasserstraße Ilmenau der Bevölkerung schenkt, zeigen Fotos und Videoaufnahmen, die Lüneburg Aktuell bitte im Teil 2 veröffentlichen mögen.
Ich danke für Ihre Unterstützung und möchte bald ganz nach Lüneburg mit dem Schiff fahren können.
PS:beteiligte Schiffe/Boote: drei Motoryachten, drei Festmacherboote, ein Hafenschlepper, zwei Barkassen und ein Kleinfahrzeug.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Arndt
am 06.05.2024 um 11:33:16 Uhr
vielen Dank für den Beitrag und den Film aus der Lüneburger Perspektive.
Mir kommt leider der Anlass etwas kurz.
Das war eine Protestfahrt - auch von unserer historischen Zollbarkasse FLOTTBEK.
Die durchaus funktionstüchtigen Schleusen sollten wieder betriebsfähig gemacht werden.
Zumindest mit der Schleuse Fahrenholz sollte begonnen werden, damit Sportschiffer nicht tiedebedingt nach 1,5 Stunden wieder aus dem wunderschönen Revier flüchten müssen, sondern sich länger aufhalten und z. B. In der „Aalkate“ einkehren könnten.
Eine Möglichkeit, von Hamburg bis Lüneburg fahren zu können, sollte das Ziel bleiben. Das wäre eine touristische Belebung für Stadt und Region.
Abgesehen davon, dass es die Pflicht des Staates ist, die Wasserstraßen-Infrastruktur zu erhalten.
Beste Grüße
Michael Barche
am 09.05.2024 um 10:35:40 Uhr
Unverständlich, warum die zuständigen Behörden seit über 10 Jahren dem Verfall der denkmalgeschützten Schleusenanlagen zusehen. Die Sperrung und Betretungsverbote der Anlagen seit 2012 ist keine Lösung. Am Ende werden die Kosten für Erhaltung oder Umbau weiter explodieren. Einflussnahme der Politik auf Landes- u. Bundesebene blieben bisher erfolglos. Die Wasser- u. Schifffahrtsverwaltung des Bundes sieht "keinen aktuellen Handlungsbedarf" (seit 2012).
Nichts tun ist auch Steuergeldverschwendung!
am 09.05.2024 um 16:44:47 Uhr
Das traurigste dabei ist, dass die Bauwerke ja da stehen. Simpelste Bauwerke, ein Graben, der von zwei händisch bedienbaren Toren verriegelt wird. Die Schleuse in Fahrenholz ist sogar noch nutzbar und intakt, ich habe mit meinen eigenen Augen eine Schleusung beobachtet, allerdings dient diese nur, um ein Wartungsschiff zur Gewässerpflege (wo ich mich auch frage, wieso dort Bäume beschnitten werden, obwohl in der Theorie garkein Boot dort ins Wasser kommt) in's Oberwasser zu bringen.
Es wurden im Landkreis Harburg 25 "Smart benches" aufgestellt, jede mit einem Stückpreis von 7000€. Von den 150.000€ hätten neue Stemmtore für die Schleusen Bardowick oder Wittorf bauen können. Ein Wittorfer Zimmermannsbetrieb hatte sich sogar mal bereit erklärt, die Tore zu bauen. Stattdessen hat man lieber Technik-Schnickschnack gekauft und sie an Orte gestellt, wo man sich fragt, wieso um alles in der Welt dort jemand Pause machen sollte. Noch nie habe ich jemand auf diesen Bänken gesehen. Nochmal: 25 Bänke, Preis beim Händler: 7000€ pro Bank.
Geld ist also vorhanden. Der politische Wille fehlt.
Wichtig ist mir natürlich auch, dass die einzigartigen Nadelwehre erhalten bleiben. Ein weiteres Beispiel simpelster Wasserbautechnik, die man durch Seelenlose Sohlgleiten ersetzen will, die keinerlei Möglichkeit zur Regulierung des Wasserstandes, z.B bei extremer Dürre oder Flut bieten.
Mir fehlen manchmal die Worte, wenn ich höre, dass manche seit 10 Jahren sich für die Ilmenau einsetzen und kein Ergebnis in sicht ist.
Bitte helft mit, diese historische Wasserstraße für uns alle zu erhalten.
am 10.05.2024 um 02:52:39 Uhr
Frische Grüße,
Barbara Henze
am 14.05.2024 um 01:46:17 Uhr
vielen Dank für den gelungenen Artikel und die eindrucksvollen Aufnahmen von der Flusslandschaft der Ilmenau.
Dieses reizvolle Biotop mit seinen erheblichen Entwicklungsmöglichkeiten im Bereich des Naturschutzes und der Touristik wird vonseiten der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) nicht adäquat wahrgenommen. Im Jahr 2022 wurde durch Initiierung eines Runden Tisch Gespräches, mit Beteiligung von Professor Witte als damaligen Leiter der GDWS, versucht, die Interessen der Anwohner und der interessierten Sportverbände der Leitung der GDWS zu vermitteln. Leider kam es zu keinem Gespräch auf Augenhöhe. Professor Witte teilte lediglich mit, dass seine Behörde das Ziel habe, die unter Denkmalschutz stehenden Nadelwehre, von denen es nur noch 5 weitere in Deutschland gibt, zu schleifen und durch Sohlgleiten zu ersetzen. Die ebenfalls unter Denkmalschutz stehenden Schleusen sollten zugeschüttet werden. Diese Maßnahmen hätten zur Folge, dass der Wasserstand der Ilmenau nicht mehr geregelt werden könnte und Perioden mit Trockenheit bzw. Starkregen zu Überflutungen oder Trockenfallen von Feuchtgebieten führen würde. Diese Pegelschwankungen würden nicht nur der Flora und Fauna, sondern auch den Fundamenten der anliegenden Häuser schaden. Durch Umsetzung dieser Maßnahmen hätte die Behörde es geschafft den Ilmenaukanal in eine Industriebrache zu verwandeln und somit auch die historischen Zeugnisse des Salzhandels zu beseitigen.
Angemerkt sei noch:
(1) Das Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) sieht im § 2 Bestandsänderung vor, dass eine Bundeswasserstraße nur seine Eigenschaft als Bundeswasserstraße verliert, wenn es eine Vereinbarung zwischen dem Bund, dem Land und dem bisherigen oder dem künftigen Eigentümer gibt. Den Übergang bewirkt ein Bundesgesetz; das Bundesministerium für Digitales und Verkehr wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen den Übergang von Gewässern oder Gewässerstrecken mit nur örtlicher Bedeutung durch Rechtsverordnung zu bewirken.
(2) § 8 Umfang der Unterhaltung
Die Unterhaltung der Binnenwasserstraßen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) umfasst die Erhaltung eines ordnungsgemäßen Zustandes für den Wasserabfluss und die Erhaltung der Schiffbarkeit.
(3) Mit der Publikation des „Masterplan Freizeitschifffahrt“ im Juni 2021 und der Änderung des WaStrG wurde die Zuständigkeit des GDWS und WSA für die Freizeitschifffahrt gesetzlich festgeschrieben. Diese neue Definition des „allgemeinen Verkehrs“ umfasst nun neben der Güter- auch die Freizeitschifffahrt. Die GDWS und das WSA sind somit verpflichtet worden, die Freizeitschifffahrt gleichberechtigt zur Güterschifffahrt zu behandeln.
Bei diesen Sachverhalten stellt sich doch die Frage, ob die Politik es mit der Aussage, dass Bürgernähe ein wichtiger Punkt in einer Demokratie sei, wirklich ernst meint. Denn wir haben an diesem 1. Mai deutlich zeigen können, dass den Bürgern in dieser Region, den Freizeitschiffer mit ihren historischen Booten, den an der Ilmenau beheimateten Ruder- und Paddelvereinen sowie den Mitgliedern des Förderkreises des Deutschen Salzmuseums Industriedenkmal Saline Lüneburg e.V., die Schiffbarkeit und das historische Erbe der Ilmenau am Herzen liegt. Es ist nicht der Wille der Bürger, den kanalisierten Teil der Ilmenau durch Schleifung der historischen Nadelwehre und zu Schüttung der Schleusen in eine Industriebrache zu verwandeln. Ich fordere die Politik auf, den Wünschen der Bevölkerung zu folgen und von ihrem Weisungsrecht Gebrauch zu machen und die Bürokraten, in der GDWS, in ihre Schranken zu verweisen und die Ilmenau als herrliche Kultur- und Naturlandschaft zu erhalten und weiter auszubauen.
MfG Volquardsen
am 19.05.2024 um 10:11:44 Uhr
Noch um ca. Das Jahr 2000 herum war es der Suhr, unser Barkasse mit der wir teilgenommen haben möglich bis nach Lüneburg zu fahren, diese Möglichkeit besteht nun leider nicht mehr!
Vielen dank für die vielen Bemühungen und Organisation!
Lg Rufus
am 19.05.2024 um 18:30:18 Uhr
LG. Gastao
am 03.06.2024 um 17:12:54 Uhr
Leider ist das 626 Jahre später nicht mehr möglich. Obwohl wir über alle Technik dieser Welt verfügen. Der politische Wille fehlt.
Wir sind vor 2 Jahren mit unserem Festmacher Erna Hellm III von Hamburg nach Lübeck gefahren. Am Elbe-Lübeck-Kanal und dessen Vorläufer dem Stecknitzkanal kann man sehen wie durch Instandhaltung und Pflege der alten Schleusen ein Freizeitnutzen für Naherholung und Tourismus entstanden ist.
Warum schafft man das in Schleswig-Holstein und nicht in Niedersachsen. Wie einzigartig wäre die Schaffung einer durchgängigen Verbindung von Lüneburg nach Lübeck.
am 11.06.2024 um 21:03:59 Uhr
Meines Erachtens liegt zum Erhalt der Bauwerke auf der Ilmenau schon darin, dass die Wehre und Schleusen von äußerster Wichtigkeit sind, um den Auswirkungen der Wetterkapriolen entgegen zu wirken, Denn man sieht gerade wieder wie im Süden unserer Republik durch Starkregen die Flüsse angestiegen sind und zu Überschwemmungen geführt haben.
Eine Regulierung des Wasserstandes ist unabdingbar, sei es durch Hoch- oder Niedrigwasser, zumal auf diesem Teil der Ilmenau die Regulierungsbedingungen durch die bestehenden Bauwerke gegeben sind.
Weiterhin ist die Durchgängigkeit des Flusses für die Sportfreunde mit ihren Kleinfahrzeugen höchst wünschenswert. Der Tourismus würde ebenfalls erheblich beeinträchtigt werden, wenn man die unter Denkmalschutz stehenden und für die Geschichte dieser Region traditionellen Schleusen und Wehre beseitigen würde. Diese dann durch Steinbarrikaden, sprich Sohlgleiten ersetzen will. Durch den Erhalt der Schleusen, könnten die schwimmenden Baufahrzeuge auf der Ilmenau ihre Arbeit vom Wasser aus gezielt verrichten, um für den Erhalt des Flusses zu sorgen, Die Durchgängigkeit der Ilmenau ist weiterhin bedeutend, damit das Museumsschiff aus Bardowick und der Salz-Ewer aus Lüneburg für die Werftanlagen an der Elbe zur Sicherung und Wartung der Fahrzeuge erreichbar sind. Beide Fahrzeuge sind für den Tourismus der Region von Bedeutung, da diese einen erheblichen Beitrag zur geschichtsträchtigen Tradition für die Zukunft leisten.
Der Durchfluss ist für die in der Ilmenau lebenden Wassertiere, durch die stetigen Öffnungen der Nadelwehre, ständig möglich und würde den Bau von überteuerten Fischtreppen verhindern.
Also, wenn alles für die Ilmenau besser werden soll, muss alles so bleiben wie es ist, nur in einem nutzbaren anschaulichen Zustand!
MfG Claus Meyer, Vorsitzender des e.V. Museumsschiff „ILMENAU“ Bardowick!