Lüneburg, am Montag den 18.08.2025

Wo und wie feiert Lüneburg?

von Carlo Eggeling am 19.12.2022



Jetzt schon ans Feiern im Sommer denken

Veranstalter und junge Leute wünschen sich mehr Unterstützung aus dem Rathaus. Dort fühlt man sich gut aufgestellt. Ein Blick auf die Lage

Wenn Lukas Benz und seine Partner der Agentur EXC lokal Veranstaltungen planen, gehen sie unter anderem nach Bardowick -- in Lüneburg finden sie kaum einen Platz oder Räume. Im vergangenen Sommer feierten sie mit Hunderten auf dem Sportplatz, auch in der Eventfabrik ist die bundesweit tätige junge und innovative Agentur immer wieder mit Partys zu Gast. Was Benz berichtet, steht stellvertretend für Lüneburg. Der Eindruck: Im Rathaus pflege man viele Bedenken und weniger die Linie: "Es gibt ein Problem, dann lösen wir es."

Gerade gab es ein Gespräch zum Thema Volksfest auf den Sülzwiesen mit Ordnungs-Dezernent Markus Moßmann. Mit am Tisch saßen neben der Verwaltung Schausteller, Vertreter der Sparkasse und von Campus als Veranstalter des Kultursommers. Einigen Anwohnern ist es auf den Wiesen zu laut. Mit der Stadt und anderen habe man einen Konsens erzielt, sagt Schaustellerchef Benno Fabricius. Beim nächsten Markt auf den Sülzwiesen soll es nun Lärmmessungen geben. Die gab es bereits beim Kultursommer, Ergebnis: alles im Rechtsrahmen. Die Sparkasse habe ein Interesse, im Herbst den Zillertaler Abend in seinem Zelt zu feiern, erklärt Fabricius. Das Anliegen von Campus ist genauso klar: Konzerte auf der Festwiese.

Fabricius sagt: "Natürlich muss es rechtssicher sein. Aber wir haben hier eine Traditionsveranstaltung für alle Altersgruppen, auch für junge Leute; das ist auch Stadtwerbung." Zudem gelte, dass sich das Ganze rechne. Die Botschaft: Auflagen müssen erträglich bleiben -- auch damit ein Publikum feiern möchte. Der Festwirt nennt ein Beispiel für eine aus seiner Sicht eigenwillige Beschwerde: "Wir hatten eine Frau, die sagte, es sei zu laut, in ihrem Schrank wackelten die Gläser. Auf die Frage, wo sie denn wohne, sagte sie: auf dem Wohnmobilplatz. Wenn ich sehe, dass ein paar Meter weiter gefeiert wird, warum fahre ich dann nicht einen anderen Platz an?"

Der 70-Jährige, seit Jahrzehnten im Geschäft, blickt ein Stück weiter: Es gebe weitere Veranstaltungen in der Stadt, die Probleme im Sommer im Wasserviertel und am Kreidebergsee. Es fehlten Discotheken. Da sei -- bei allem Verständnis für Anwohner -- Toleranz gefordert, um das Leben in Lüneburg interessant zu halten: "Wir wollen doch keinen großen Zentralfriedhof."

Es gab Versuche, am Abend neue Orte zu erschließen. In zwei Saisons probierte es der Beachclub im Lüne-Park. Irgendwann im vergangenen Frühsommer fuhren die Betreiber alles runter, gerade wird abgebaut, weil die Fläche bebaut werden soll. Damals hatte Merlin Nikulka für die Organisatoren beklagt, dass man die Fläche unter anderem nur begrenzt nutzen könne, weil man so früh Schluss machen müsse. Gäste kämen um 21 Uhr, um 22 Uhr müsse alles zu Ende sein -- keine Chance für einen wirtschaftlichen Erfolg. Wieder ging es um Anwohner, die relativ weit weg wohnen müssen -- Wohnhäuser stehen dort nicht --, um Lärmmessungen und den Eindruck, dass die Bockelmannstraße und die Bahnlinie lauter schallen, als die Musik aus den Boxen.

Im Wasserviertel waren ohne Zweifel einige mit Wummerboxen zu laut am Feiern in tiefer Nacht, zerschlagene Gläser, Wildpinkeln und weitere Hinterlassenschaften nervten Nachbarn. Verständlich.

Doch die, die auf der Kaufhausbrücke Platz nehmen, pochen ebenfalls auf ihr Recht auf Stadt. Junge Leute fanden sich zusammen und warben für einen anderen Umgang, Verbotsverfügungen aus dem Rathaus seien nicht der richtige Weg: Studentenvertreter, Jusos, Linke, dazu die Grüne Jugend, die sich von ihrer grünen Oberbürgermeisterin anderes als ein Verbot wünschte. Im Wahlkampf hatte Claudia Kalisch ja für sehr viel Verständnis und einen Nachtbürgermeister plädiert. Im Amt regierte sie durch -- mit einer Allgemeinverfügung. Dazu ein paar Sozialarbeiter, die Dienstschluss hatten, als die tiefe Nacht laut wurde.

Damals gab es ein Gespräch im Rathaus mit eben den jungen Akteuren, die "nicht-kommerzielle Räume" fordern. Teilnehmer berichten von einer harschen Stimmung, wenig Entgegenkommen habe man erlebt. Und nun? Zwar ist es noch kalt, aber trotz Klimawandels kann man fest mit einem nächsten Frühling und Sommer rechnen. Wie bereitet sich das Rathaus vor? Eine Nachfrage.

Die Verwaltung empfand die Stimmung im Gegensatz zu den jungen Leuten anders: "Das Gespräch mit den Jugendlichen war konstruktiv und die Runde hat sich darauf geeinigt, den Austausch mit dem neuen Sozialdezernenten fortzusetzen. Ziel ist es, gemeinsam für den kommenden Sommer ein für alle tragfähiges Konzept zu entwickeln." Die Antwort der Pressestelle für Claudia Kalisch: "Das Bedürfnis nach solchen Räumen ist absolut nachvollziehbar. Wir erleben ja gerade auch am Beispiel der Weihnachtsstadt, wie sehr die Menschen Nachholbedarf haben, sich zwanglos zu treffen und in herausfordernden Zeiten ein paar entspannte Stunden zu verbringen. Das geht wohl allen Generationen so. Für junge Menschen und deren Entwicklung ist dies umso wichtiger." Was das konkret meint und daraus erwächst, bleibt offen.

Der neue Sozialdezernent Florian Forster spürt scheinbar keinen Zeitdruck, sein Zitat: "Ich werde im ersten Quartal des neuen Jahres initiativ zu einem runden Tisch zu diesem Thema einladen und bin gespannt auf die Gespräche." Von den Akteuren der Parteijugendorganisationen heißt es: "Auf uns ist seit Monaten niemand zugekommen, auf eine Einladung warten wir noch immer. In unserem Kreis treffen wir uns im Januar wieder." Um die Linie abzustimmen. Aus dem Rathaus seien bislang keine Ideen zum Thema bekannt.

Die Lüneburger Linie des Abwartens und der Bedenken verfolgen Umlandgemeinden interessiert. Da wundert man sich, dass Uelzen im Sommer ein großes Festival und einen Kultursommer veranstalten kann, aber in der Salzstadt so vieles so schwierig ist. Ein Kultursommer am Lopausee, warum nicht? Samtgemeinde Bürgermeister Christoph Palesch ist dafür offen. Ähnlich sieht es dem Vernehmen nach bei anderen Bürgermeistern in der Region aus. Campus-Chef Klaus Hoppe lächelt auf entsprechende Nachfragen. Man sei in Gesprächen, auch mit der Stadt. Andere Angebote sind für ihn sicher nicht von Nachteil.

Noch einmal zu Lukas Benz und EXC, die selbst in der Corona-Zeit Veranstaltungen hinbekommen haben. Die Truppe hat eine Online-Befragung gestartet, nur wer alle zehn Fragen beantwortete, wurde gezählt, das waren rund 1500 junge Teilnehmer. Benz sagt: "Das ist nicht repräsentativ, aber es zeigt, was gewünscht wird."

Ergebnis: 75 Prozent der Teilnehmer möchten gern in einem Club feiern, dabei spielen Erreichbarkeit, Preise (50 Prozent) und Lautstärke (50 Prozent) eine Rolle. Kurz: Tanzen stadtnah finanzierbar bei Taschen- und Lehrlingsgeld oder Studi-Bafög. Benz sagt: "Wenn wir in der Arena etwas machen, 20 Euro für ein Ticket als Eintritt nehmen müssen und dann Getränkepreise dazukommen, können sich viele das nicht leisten." Veranstaltungen finanzierten sich allerdings zum großen Teil über den Verzehr.

Bardowick sei -- bei viel Entgegenkommen -- eine vom Standort mittelmäßige Alternative, für einen Zehner komme man rein, das Bier sei relativ günstig. Wer 16, 17 Jahre alt ist, hat allerdings ein Problem. Neben der Erlaubnis der Eltern, dem Mutti-Schein, muss er dort auch hinkommen und einen Fahrdienst in der Nacht organisieren -- Papa.

Wie andere kann sich Lukas Benz eine Art Zentrum vorstellen, das man je nach Anlass zurechtschneiden kann. Am Wochenende Disco und Tanz, unter der Woche kleinere Veranstaltungen wie Poetry Slam, Lesungen und Wellness, um beispielsweise Studenten zu erreichen. Auch eine Auftrittsmöglichkeit für Bands könne es geben. Bühnen sind rar und wenn das Café Klatsch nächstes Jahr tatsächlich schließt, bleibt kaum noch etwas.

Es fehlt an Halle und Grundstück. Das ist keine neue Erkenntnis. Lukas Benz könnte sich einen Platz im Hafen vorstellen. Das Industriegebiet lässt vieles zu etwa in Sachen Lärm. Klar, müsse es einen Investor geben, klar, müsse man über Finanzierung und längere Pachtzeiten reden. Auch ein Engagement der Stadt sei wünschenswert, um etwa einen Shuttleservice zu organisieren.

Noch eine Nachfrage im Rathaus. Die Antwort bleibt vage, zupackend klingt sie nicht: "Die Umfrage ist uns bekannt, es gab dazu auch hier im Rathaus gute Gespräche mit EXC. Die Ergebnisse spiegeln die städtische Wahrnehmung wider. Sofern sich mögliche Betreiber eines Clubs oder eines ähnlichen Angebotes bei uns melden und Unterstützung anfragen, kommen wir dem im Rahmen der Möglichkeiten gern nach. Wir prüfen ja bereits zahlreiche Liegenschaften im Stadtgebiet auf ihre Eignung als Unterbringungsmöglichkeit für Geflüchtete oder auch für andere städtische Zwecke und haben insofern einen guten Überblick. Wie schnell man da zum Ziel käme, hängt aber natürlich auch sehr von den jeweiligen Anforderungen ab." Carlo Eggeling

Fotos ca. Eindrücke vom Festplatz, aus dem Wasserviertel, Max Giesler und Paul Reichwald vom Kultursommer-Team und Lukas Benz von EXC (Foto: Jan-Rasmus Lippels).

© Fotos: ca/ Jan-Rasmus Lippels


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