Zweifelhafte Vorwürfe gegen Pädo-Jäger
von Carlo Eggeling am 05.03.2025Als "Pädo-Jäger" hat Björn Scholz einige Männer bei der Polizei angezeigt, die sich mutmaßlich mit Mädchen treffen wollten, die zwölf, dreizehn Jahre alt sein sollten. Doch nun gerät er selber ins Visier der Ermittlungsbehörden: Ein Mann behauptet, Scholz habe ihn erpressen wollen: Für Geld würde Scholz auf eine Anzeige verzichten. Vergangene Woche rückte die Polizei zu einer Durchsuchung bei dem 45-Jährigen an, nahm Handy und Datenträger mit. Grundsätzlich bestätigt die Staatsanwaltschaft das Vorgehen, sagt aber nichts zu Namen. Es gebe einen "begründeten Anfangsverdacht", dem man nachgehe, der Vorwurf laute auf Erpressung. Scholz bestreitet die Vorwürfe.
Der Lüneburger wertet die Behauptungen des Mannes als "Schutzbehauptung", um sich aus einem andere Verfahren herauszuwinden, dabei soll es angeblich um Drogen gehen, möglicherweise sei die Polizei dabei auf Unterlagen in Sachen Kinderpornografie gestoßen. Der Kontakt zum möglicherweise Pädophilen habe vor einem Jahr stattgefunden, sagt Scholz, er wundere ich über dessen Anschuldigungen. Die Staatsanwaltschaft schließt nicht aus, dass es sich um eine "Schutzbehauptung" handeln könnte. Gleichwohl sagt man an der Burmeisterstraße, dem Verdacht müsse man nachgehen, um ihn zu klären. Dazu gehöre es auch, die Datenträger auszuwerten.
Es gab vor Monaten schon ein Verfahren gegen Scholz. Damals ging es, vereinfacht, darum, dass Scholz Männer durch sein Vorgehen quasi zu einer Straftat anstiftet. Er nutzt KI-erzeugtes Fantasie-Profile eines Teenagers, im Internet reagieren Pädophile darauf, nehmen Kontakt auf, fordern beispielsweise Nacktbilder des Mädchens, wünschen sich Treffen. Dort steht dann Scholz mit Begleitern macht Fotos als Beleg und erstattet samt Chat-Verläufen Anzeige. In anderen Fällen alarmierte er vorher die Polizei.
Offiziell kommentieren die Ermittlungsbehörden Scholz‘ Vorgehen nicht, aber einige Beamte halten es zumindest für rechtlich zweifelhaft. Gleichwohl wurde das genannte Verfahren eingestellt. Das bestätigt die Staatsanwaltschaft. Wörtlich: "Nach derzeitiger rechtlicher Einschätzung der Staatsanwaltschaft kommt eine Anstiftung zu den Handlungen, die zur Anzeige gebracht werden und die etwa den Anfangsverdacht einer Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern begründen könnten, nicht in Betracht, da bei einer Anstiftung der Wille des Anstiftenden stets auf eine Vollendung der Tat bzw. eine Rechtsgutsverletzung gerichtet sein muss, was nicht der Fall ist, wenn das vermeintliche Kind, wie der 'Anstifter' weiß, nicht existiert."
Strafrechtlich gibt es in dieser Angelegenheit also nichts gegen Scholz. Nun die neue Anzeige.
Scholz hatte mit seinem Vorgehen Erfolg. Der Manager des Adendorfer Eishockey Clubs wurde Ende vergangenen Jahres aufgrund von Scholz‘ Recherchen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und legte daraufhin seine Ämter nieder.
Es gibt ein weiteres Verfahren, dass sich gegen einen ehemaligen Professor der Leuphana richtet. LA konnte Chat-Verläufe einsehen, die haben einen sexuellen Hintergrund mit einer vermeintlich Zwölfjährigen, der Dozent bestreitet die Vorwürfe und erklärt seinerseits, es habe sich um ein Forschungsprojekt gehandelt. Wie berichtet, gab es eine Durchsuchung im Haus des Wissenschaftlers.
Weitere Recherchen Scholz' richten sich gegen einen Mann, der sich beim Kreissportbund und beim Kreisjugendring als Funktionär engagierte. Auch hier liegen Fotos vor, die den Mann auf einem Parkplatz mit Scholz zeigen. Im Chat-Verlauf ist von Bildern die Rede, die das angebliche Mädchen nackt von sich schicken sollte. Der Betroffene und sein Anwalt weisen Scholz Beschuldigungen zurück. Der Anwalt: Es laufe ein Ermittlungsverfahren, es habe aber keine Hausdurchsuchung stattgefunden, sein Handy habe der Mandant zurückbekommen. Man habe seit Monaten nichts von den Ermittlungsbehörden gehört.
Scholz erstattet Dutzende Strafanzeigen, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Einen Teil davon gebe man an andere Behörden weiter, da die Beschuldigten nicht in der Region zu Hause sind. Scholz selber sagt, er habe allein in diesem Jahr, das keine drei Monate alt ist, rund 40mal Anzeige erstattet. In 2024 habe er ein Dutzend Treffen mit Männern inszeniert, die offenbar sexuelle Kontakte mit einem Kind anbahnen wollten.
Warum tut er das? Warum taucht der 45-Jährige immer wieder in diese Welt ein? Das habe mit seiner eigenen Geschichte zu tun. Als Fünfjähriger habe er selber einen Übergriff erlebt, 2016 habe er den Täter wiedergetroffen. Seine Konsequenz: "Ich muss kein Opfer mehr sein. Und ich kann es anderen ersparen."
Er engagiere sich seit gut acht Jahren im "Kinderschutz", 2021 habe er den Verein Kinderschutz Hilfe gegründet, sein Ziel sei Prävention, sagt Scholz. Taten verhindern, in dem er mutmaßliche Täter stelle. Dazu veröffentlicht er Info-Material im Netz, lässt Karten und Adresslisten mit Hilfsangeboten drucken. Er habe keinen finanziellen Vorteil davon, er lebe bescheiden von Ersparnissen.
Er will weitermachen, obwohl er selber leide und hoffe, Hilfe in einer Therapie zu finden. Carlo Eggeling
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