Zwischen Pfarrhaus und Protest: Hans-Hermann Jantzen wird 80
von Sprengel Lüneburg/Winfried Machel am 29.09.2025Er war Pfarrer, Denker, Brückenbauer: Hans-Hermann Jantzen, ehemaliger Landessuperintendent im Sprengel Lüneburg, feiert seinen 80. Geburtstag. Ein Mann, der Kirche nicht nur verwaltet, sondern bewegt hat.
Früh geprägt von Dialog und Beteiligung
Geboren 1945 in Polle, wuchs Jantzen als Sohn eines Superintendenten in Cadenberge auf. Schon als junger Pfadfinderleiter setzte er auf Mitbestimmung statt Autorität. Dieses Verständnis von Führung prägte ihn bis in die Leitungsebene der Landeskirche hinein.
Kirche als Ort der Lebendigkeit
In seinen ersten Gemeinden suchte Jantzen neue Wege, um Kirche lebendig zu gestalten. Familiengottesdienste, offene Formate, Gespräche auf Augenhöhe – vieles, was heute selbstverständlich wirkt, war damals mutig. Für ihn galt: Kirche soll Freude machen und Menschen zusammenführen.
Auch gesellschaftliche Themen griff er früh auf: Umweltfragen in den 1970ern, die Debatte um Atomenergie, später die Proteste gegen Castor-Transporte im Wendland. Jantzen war überzeugt: Glauben bedeutet Haltung zeigen.
Verantwortung über den Kirchturm hinaus
Als Landessuperintendent (ab 1997) und später als Bischofsvikar nach dem Rücktritt von Margot Käßmann blieb Jantzen seiner Linie treu: zuhören, moderieren, Mut machen. Er organisierte runde Tische zu sozialen Themen und trat für die Gleichstellung homosexueller Pastorinnen und Pastoren ein – lange bevor dies innerkirchlich selbstverständlich war.
„Kirche muss politisch sein, aber aus dem Glauben heraus Orientierung geben“, betonte er. Noch heute meldet er sich zu Wort, wenn soziale Ungerechtigkeit überhandnimmt:
„Es ist unerträglich, wenn beim Bürgergeld gekürzt wird und die Erbschaftssteuer unangetastet bleibt.“
Wandel im Glauben – und im Leben
Auch theologisch entwickelte sich Jantzen weiter. Sein Gottesbild wurde offener, weiter:
„Gott ist Energie, Hoffnung, Quelle des Lebens – abstrakter, aber nicht weniger persönlich.“
Privat ging er eigene Wege. Seine Frau, Zahnärztin, führte in den 1970er-Jahren ihre eigene Praxis – für kirchliche Kreise damals ungewöhnlich. „Sie hat vieles infrage gestellt. Das war gut für mich“, sagt Jantzen.
Aktiv, wach und kritisch mit 80
Heute genießt Jantzen den Ruhestand aktiv – im Chor, auf dem Fahrrad und als wacher Beobachter gesellschaftlicher Entwicklungen. Seine Botschaft bleibt klar:
„Bei den Menschen bleiben – das ist das Wichtigste.“
Über den Sprengel Lüneburg
Zum Sprengel gehören zehn Kirchenkreise mit rund 470.000 Gemeindegliedern und 350 Pastorinnen und Pastoren. Seit Februar 2024 steht Regionalbischöfin Marianne Gorka an der Spitze. Ihre Predigtstätte ist die Lüneburger St.-Johannis-Kirche.
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